Wollten politisches System Deutschlands stürzen: „Reichsbürger“-Netzwerk vor Gericht

VonMyriam Nollte

13. Dezember 2023

Die Bundesanwaltschaft hat nach einer großangelegten Anti-Terror-Razzia gegen sogenannte Reichsbürger vor etwa einem Jahr erstmals Anklage gegen insgesamt 27 Tatverdächtige erhoben. Die Behörde wirft den Angeklagten unter anderem Mitgliedschaft und Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vor. Die Verfahren sollen vor den Oberlandesgerichten in Frankfurt am Main, München und Stuttgart geführt werden, die nun über die Zulassung der Anklage und die Einleitung eines Prozesses entscheiden.

Hintergründe der Razzia und Verdächtige

Am 7. Dezember des letzten Jahres hatte die Bundesanwaltschaft in mehreren Bundesländern, Österreich und Italien 25 Frauen und Männer festgenommen, darunter die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkemann und ein Soldat des Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr. Als einer der führenden Köpfe der Gruppe gilt der Unternehmer Heinrich XIII. Prinz Reuß.

Der Kreis der Verdächtigen ist seit der Razzia erheblich gewachsen, und viele von ihnen befinden sich in Untersuchungshaft.

Die Beschuldigten sollen laut Ermittlungen das politische System in Deutschland stürzen wollen, wobei sie bewusst Todesfälle in Kauf genommen hätten. Die Ermittler gaben an, dass Strukturen für eine eigene Staatsordnung bereits in Grundzügen ausgearbeitet wurden. Heinrich XIII. Prinz Reuß sollte als Staatsoberhaupt fungieren, und Ressorts waren bereits verteilt, wobei die ehemalige Richterin Birgit Malsack-Winkemann für Justiz zuständig sein sollte.

Die Gruppe hatte offenbar gezielt Soldaten und Polizisten angesprochen, um den demokratischen Rechtsstaat bis auf kommunaler Ebene zu destabilisieren. Ein weiterer Plan bestand darin, mit einer kleinen bewaffneten Gruppe gewaltsam in den Deutschen Bundestag einzudringen.

Ideologischer Hintergrund der „Reichsbürger“

„Reichsbürger“ sind Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Laut Verfassungsschutz gehörten im vergangenen Jahr rund 23.000 Menschen dieser Szene an, wobei etwa 1250 von ihnen als Rechtsextremisten eingestuft wurden. Etwa 2300 der „Reichsbürger“ und „Selbstverwalter“ galten als gewaltorientiert.

Die Anklage gegen die mutmaßlichen „Reichsbürger“ markiert einen bedeutenden Schritt in den Bemühungen der deutschen Behörden, gegen extremistische Gruppen vorzugehen. Die Verfahren vor den Oberlandesgerichten werden zeigen, inwieweit die Anklage Bestand hat und ob es zu einem Prozess kommt.

Quelle: Mit Material der dpa.

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