Hildesheim (KNA)Eine Depression kann jeden Menschen treffen, da sind sich die Experten einig. Sie zählt zu den häufigsten und oft unterschätzten Erkrankungen – die schlimmstenfalls durch Suizid tödlich enden kann.
Umso wichtiger ist nach Einschätzung von Psychotherapeuten die Früherkennung von entscheidender Bedeutung für die Heilung. „In den meisten Fällen ist eine depressive Erkrankung gut behandelbar – vorausgesetzt, sie wird frühzeitig erkannt und therapiert“, erklärte der Vertreter der European Depression Association in Deutschland, Depressionsforscher Detlef E. Dietrich, am Mittwoch in Hildesheim. Dafür sei auch ein offener Umgang mit der Erkrankung erforderlich.
Anlass ist der diesjährige Europäische Depressionstag am 1. Oktober unter dem Motto „Neue Einblicke in Behandlung von Depressionen in unsicheren Zeiten“. Mehr als sechs Millionen der Erwachsenen in Deutschland erkranken laut Angaben im Laufe eines Jahres an einer depressiven Störung.
Depression besser verstehen
So wie Kabarettist Matthias Brodowy, der nach eigenen Angaben selbst vier Jahre wegen Depressionen behandelt wurde. „Ich wünschte mir, dass unsere Gesellschaft die Krankheit Depression besser verstehen lernt. Sie ist sicherlich schwerer nachzuvollziehen als andere Krankheiten“, sagte er. Umso wichtiger sei es, darüber immer und immer wieder zu reden und sachlich und fundiert zu informieren.
„Man sollte es auf gar keinen Fall mit sich selbst ausmachen. Depression ist eine schwere Krankheit und keine Charakterschwäche“, so Brodowy. Entsprechend sei sie „nicht zu besiegen, indem man sich zusammenreißt“. Sie müsse behandelt werden. „Niemand muss sich dafür schämen.“ Auch Angehörige brauchten Hilfe. Niedrigschwellige Angebote wie die Telefonseelsorge könnten unterstützen. Außerdem forderte er mit Verweis auf lange Wartezeiten mehr Therapieplätze – „hier muss die Politik tätig werden“, sagte Brodowy.
Symptome einer Depression
Symptome einer Depression sind etwa länger andauernde Niedergeschlagenheit, Verlust von Interesse und/oder Freude sowie die Verminderung von Antrieb und Aktivitäten. Hinzu kommen etwa Schlaf- und Konzentrationsstörungen, Appetitverlust, negatives Denken, beeinträchtigtes Selbstvertrauen, Ängste und Suizidgedanken.
„Eine Depression kann jeden Menschen treffen, egal ob jung oder alt, vorerkrankt oder nicht, abhängig von saisonalen Umstellungen, einer genetischen Veranlagung, einschneidenden Lebensereignissen oder auch durch Weltgeschehen“, erklärte der Chefarzt der Oberberg Fachklinik Düsseldorf Kaarst, Christian Lange-Asschenfeldt. Auch wenn sich die Sichtweise in der Gesellschaft auf psychische Erkrankungen allmählich positiv verändere, hätten Betroffene noch immer mit Stigmatisierung zu tun, was sie neben ihrer Erkrankung häufig zusätzlich belaste.
Um Vorurteile abzubauen empfahl Lange-Asschenfeldt auch einen achtsameren Umgang der Gesellschaft mit medizinischem Fachvokabular. Dies sollte vermieden werden, „um Zustände zu beschreiben, die eigentlich der Norm entsprechen. So ist nicht jeder Durchhänger eine Depression oder jede unangenehme Situation ein Trigger“, erklärte der Mediziner.
Tipps zur Resilienzstärkung als Vorbeugung
Depressionsforscher Alexander Karabatsiakis gibt folgende Tipps, um die Widerstandskraft im Umgang mit Krisen zu trainieren:
– körperliche Aktivität und Sport in der Natur
– Schlafhygiene – auf erholsamen und genügend Schlaf achten
– Achtsamkeitstraining
– Yoga und andere Entspannungstechniken
– Smartphone-basierte Apps zum Erfassen von Gesundheitsparametern und als Feedback bei zu hohen Stressbelastungen