Welthunger-Index: Kaum Fortschritte bei Hungerbekämpfung

VonC. Peters

12. Oktober 2023

Berlin (KNA)  Die Welthungerhilfe hat eine Stagnation im weltweiten Kampf gegen Hunger beklagt. Seit 2015, als die Vereinten Nationen mit der Agenda 2030 die Beseitigung des Hungers als nachhaltiges Entwicklungsziel formulierten, habe es kaum Fortschritte gegeben, heißt es in dem am Donnerstag in Berlin vorgestellten Welthunger-Index 2023. Besonders der jungen Generation komme künftig aber eine wichtige Rolle beim Kampf gegen Hunger zu.

Mehr als 735 Millionen Menschen weltweit seien unterernährt, könnten also auf Dauer durch Nahrung weniger Kalorien zu sich nehmen, als sie täglich verbrauchten, erklärte die Welthungerhilfe. Klimawandel, weltweite Konflikte, Corona-Pandemie und der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hätten zudem einzelne Fortschritte verlangsamt oder gar umgekehrt.

Ernährungslage in 136 Ländern

Der Bericht untersucht in seiner 18. Ausgabe die Ernährungslage in 136 Ländern und berechnet eine Kennzahl aus den Indikatoren Unterernährung, hungerbedingte Wachstumsverzögerung und Auszehrung bei Kindern sowie Kindersterblichkeit. Je höher die Kennzahl zwischen 0 und 100 liegt, desto gravierender wird das Hunger-Problem für dieses Land angesehen.

Während der globale Durchschnittswert im vergangenen Jahr bei 18,3 lag und als „mäßig“ eingestuft wird, erreichten Länder wie die Zentralafrikanische Republik und Madagaskar Werte deutlich über 40 und damit eine „sehr ernste Hungerlage“. Auch Burundi, Lesotho, Niger, Somalia, der Südsudan, Jemen und die Demokratische Republik Kongo sind demnach in dieser hohen Warnkategorie, die beim Index-Wert von 35 beginnt.

Leichte Verbesserungen

In 18 Ländern habe sich die Situation in den vergangenen Jahren verschlechtert; für 58 Länder sei das Ziel, den Hunger bis zum Jahr 2030 auf ein niedriges Level zu senken oder ganz zu besiegen, voraussichtlich nicht mehr erreichbar, hieß es weiter. Leichte Verbesserungen trotz der Krisen verzeichnet der Welthunger-Index dagegen für die Länder Bangladesch, Dschibuti, Laos, Mosambik, Nepal, Timor-Leste und den Tschad.

Besonders junge Menschen seien von den Auswirkungen betroffen. Sie erbten Systeme, „die weder nachhaltig noch gerecht oder inklusiv sind und die zunehmend anfälliger für die Auswirkungen des Klimawandels werden“, heißt es in dem Bericht. Umso mehr müssten sie bei der Gestaltung einer nachhaltigeren, gerechteren und resilienteren Zukunft eingebunden werden. Weltweit leben den Angaben zufolge etwa 1,2 Milliarden junge Menschen, die meisten von ihnen jedoch in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen in Südasien, Ostasien und Afrika.

„Das falsche Signal“

„Wenn weiter Hunger herrscht, müssen Kinder arbeiten, statt in die Schule zu gehen, und Mädchen werden früh verheiratet“, erklärte die Präsidentin der Welthungerhilfe, Marlehn Thieme. Sie kritisierte in diesem Zusammenhang erneut die geplanten Kürzungen im Entwicklungsetat der Bundesregierung. Vor allem die Kürzungen der humanitären Hilfe seien „das falsche Signal“, so Thieme.

Der Generalsekretär der Welthungerhilfe, Mathias Mogge, betonte: „Ohne eine echte Perspektive für eine gesicherte Existenz werden junge Menschen ihre Heimatgebiete auch weiterhin verlassen.“ Ihre Kraft und Innovationsfähigkeit hätten jedoch das Potenzial, den Hunger langfristig zu beseitigen.

Anlässlich des Welternährungstages am kommenden Montag kritisierte auch das katholische Hilfswerk Misereor weltweite Ungerechtigkeit. Es sei nicht akzeptabel, dass derzeit drei Milliarden Menschen aus Armutsgründen von gesunder Ernährung abgeschnitten seien. Das seien zwei von fünf Menschen auf der Welt. Vielfach fehle der politische Wille, soziale Ungleichheiten als Armutsursache und damit als Grund für Hunger zu beseitigen.

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