Erst das Sensations-Interview, dann gefeuert: Ein pro-russischer politischer Aktivist und Blogger behauptet, er sei von einem Online-Medienunternehmen entlassen worden, nachdem er ein Interview mit Jewgeni Prigoschin, dem Chef der Söldnertruppe Wagner, veröffentlicht hatte. Prigoschin warnte in dem Gespräch vor einer möglichen Revolution in Russland und erklärt, dass der Krieg Moskaus in der Ukraine nach hinten losgegangen sei. Nun meldet sich der Putin-Freund sogar selbst zu Wort, wie die Washington Post schreibt.
Laut Informationen der Washington Post arbeitete der Blogger Konstantin Dolgov für das Telega Online Video-Projekt, das Diskussionen über Nachrichten und Politik mit pro-russischer Ausrichtung auf dem Videoportal „Rutube“ live streamt. Die russische Regierung versucht, die Website als Alternative zu dem aus ihrer Sicht „unfreundlichen“ YouTube zu bewerben.
Am Dienstag veröffentlichte Dolgov ein ausführliches Interview mit Jewgeni Prigoschin auf seinem Telegram-Kanal. Der Chef der Wagner-Gruppe lieferte eine besonders harte Tirade über Russlands Misserfolge in dem Krieg, einschließlich der Beschreibung der obersten Befehlshaber der regulären Armee als inkompetent.
Am Tag danach publizierte Dolgov ein Video auf dem Telega Online-Blog, in dem er erklärte, dass er aufgrund des Interviews entlassen wurde. Das Video wurde kurz danach vom Kanal gelöscht.
„Das Interview wurde am späten Dienstagabend veröffentlicht, und am frühen Mittwochmorgen wurde mir gesagt, dass ich gefeuert bin“, schrieb Dolgov in seinem Blog. „Wer auch immer den Anruf getätigt hat, war wahrscheinlich über Prigoschins Aussagen verärgert, aber sie können nichts gegen ihn tun, also haben sie beschlossen, es am Interviewer auszulassen und mich zu feuern.“
Dolgov betonte in seiner Stellungnahme, dass es in Russland Meinungsfreiheit gebe, „Gott sei Dank und dem Präsidenten sei Dank“.
Dolgovs Arbeitgeber bestritt, dass er entlassen worden sei, und erklärte, er habe geplant, „lange vor dem Interview mit Prigoschin“ zu gehen. Die ‚Entlassung‘ Dolgovs sei nicht so spontan erfolgt, wie er behaupte, erklärte Telega Online in einer Stellungnahme. Sie beschuldigten Dolgov, Eigenwerbung auf Kosten der Videoshow zu betreiben. Dolgov bezeichnete diese Aussage als Lüge.
Sogar Prigoschin kommentierte den Fall und warnte vor Versuchen, ihn zum Schweigen zu bringen.
„Versucht, mich zum Schweigen zu bringen, und wir werden sehen, wie ihr das schafft“, sagte Prigoschin in einer von seinem Pressedienst geteilten Tonaufnahme am vergangenen Donnerstag. „Ihr seid Idioten, wenn ihr denkt, dass ihr den Behörden einen Dienst erweist. Ihr schadet ihnen tatsächlich. Es herrscht Krieg, und ihr solltet darüber nachdenken, wie ihr das Land retten könnt.“
Er fügte hinzu: „Die Degenerierten, die diesen Telegram-Kanal besitzen, ihr werdet in der Hölle brennen.“
Archivbild: „Vladimir Putin tours Yevgeny Prigozhin’s Concord food catering factory 11 (cropped)“ by Government of the Russian Federation is licensed under CC BY 3.0.