Literaturnobelpreis für Norweger Jon Fosse

VonC. Peters

5. Oktober 2023

Stockholm/Berlin (KNA)Freude in Norwegen, Anerkennung aus Deutschland: Die Vergabe des Literaturnobelpreises 2023 an den norwegischen Schriftsteller Jon Fosse ist am Donnerstag international auf Zustimmung gestoßen. Auch in Berlin wurde die Entscheidung positiv aufgenommen. Kulturstaatsministerin Claudia Roth würdigte Fosse als „einen der meistgespielten Theaterautoren der Welt“. Sie erhoffe sich dadurch positive Impulse für die Theaterszene, so die Grünen-Politikerin. „Der Nobelpreis wird ihn in Deutschland noch bekannter machen – und hoffentlich der gesamten skandinavischen Literatur hierzulande zu noch mehr Aufmerksamkeit verhelfen.“

Literaturkritiker Denis Scheck sprach von einer „klugen Wahl“. Die Sprache Fosses übe „einen Sog aus, der vom Takt der Wiederholungen und Aussparungen ausgeht“, sagte der Experte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Nicht zu unterschätzen sei überdies die religiöse Aufladung der Texte. Auch der Rowohlt-Verlag gratulierte dem Norweger und pries auf der eigenen Website die deutschen Übersetzungen seiner Bücher.

„Fosse-Minimalismus“

Am Mittag hatte die Schwedische Akademie in Stockholm bekanntgegeben, dass Fosse in diesem Jahr den begehrten Preis erhält. Mit seinem Schaffen gebe der 64-Jährige „dem Unsagbaren eine Stimme“, hieß es zur Begründung. Hervorgehoben wurden die Romane des Autors, die für ihren stark reduzierten Stil des „Fosse-Minimalismus“ bekannt seien.

Der Preisträger reagierte in einer Mitteilung seines norwegischen Verlags Samlaget „überwältigt und dankbar“. Gegenüber dem Sender TV 2 fügte er scherzend hinzu: „Höher als zum Nobelpreis kann man nicht kommen. Danach geht es nur noch bergab.“

Prosawerk „Trilogie“

Fosse, 1959 in der norwegischen Küstenstadt Haugesund geboren, gilt als einer der wichtigsten zeitgenössischen europäischen Schriftsteller. Seit 2022 ist er Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. Für sein Prosawerk „Trilogie“ erhielt er 2015 den Literaturpreis des Nordischen Rates, den renommiertesten Literaturpreis Skandinaviens. Seine mehr als 30 Theaterstücke werden weltweit aufgeführt und brachten ihm ebenfalls zahlreiche Preise ein. Der 2013 zum Katholizismus konvertierte Christ ist nach eigenen Angaben ein frommer Mann. „Alles, was ich schreibe, ist eine Art Gebet“, sagte er kürzlich in einem Interview.

Von 1901 bis 2023 wurden 116 Literaturnobelpreise an 120 Personen vergeben, darunter 17 Frauen. Im vergangenen Jahr erhielt die französische Schriftstellerin Annie Ernaux die Auszeichnung. Den ersten Literaturnobelpreis bekam 1901 der französische Dichter Sully Prudhomme. Bisher 13 Mal wurden deutschsprachige Autoren ausgezeichnet, darunter Thomas Mann (1929), Heinrich Böll (1972), Günter Grass (1999), Herta Müller (2009) und zuletzt Peter Handke (2019). Dotiert ist der Preis in diesem Jahr mit 11 Millionen Kronen (knapp 950.000 Euro).

Von Montag bis Mittwoch wurden bereits die aktuellen Preisträgerinnen und Preisträger in den Kategorien Medizin, Physik und Chemie bekanntgegeben. Am Freitag folgt der Friedensnobelpreis, der nicht in der schwedischen Hauptstadt Stockholm, sondern in Norwegens Hauptstadt Oslo vergeben wird.

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