Vier Jugendliche nach Bedrohungen an zwei Schulen gefasst

VonJudith Eichhorn

8. November 2023

Hamburg (dpa) – Während des Unterrichts an einer Stadtteilschule in Hamburg-Blankenese kommen am Mittwoch zwei Jungen in den Klassenraum und bedrohen eine Lehrerin mit einer Art Schusswaffe. Einer von ihnen habe sich vor sie gestellt und mit der Waffe auf die Frau gezielt, sagt Polizeisprecher Holger Vehren. Dann verschwinden die beiden Jungen. Der Schulleiter alarmiert die Polizei. Ein Großaufgebot durchsucht die Schule. Erst nach gut vier Stunden gibt die Polizei Entwarnung.

Fast gleichzeitig gibt es erneut Alarm wegen einer Bedrohungslage an einer anderen Schule im Stadtteil Bahrenfeld. Dort soll eine pädagogische Kraft der Nachmittagsbetreuung bedroht worden sein, wie die Leitung der Grundschule mitteilte. Die Beamten nehmen dort am frühen Nachmittag zwei 12- und einen 13-Jährigen sowie einen Jugendlichen im Alter von 14 Jahren fest. Die Polizei stellt zwei mutmaßliche Spielzeugwaffen sicher. Nach Angaben der Polizei könnte einer der 12-Jährigen und der 13-Jährige auch für die Tat in der Blankeneser Schule in Frage kommen. Ob dabei eine der Spielzeugwaffen verwendet wurde, teilte die Polizei nicht mit. Ebenso unklar ist, auf welche Schule die Festgenommenen gehen.

Eltern in Angst und Schrecken

Die ersten Meldungen über den Vorfall in Blankenese versetzten Eltern in Angst und Schrecken. Er habe eine Nachricht von einem Freund bekommen und sei sofort zur Schule geeilt, sagt Busfahrer Najib Himat. «Ich habe an die Leitstelle Bescheid gegeben, dass ich nicht weitermachen kann», berichtet der besorgte Vater eines 13-jährigen Schülers. Kollegen hätten ihn zur Schule gefahren. Er steht vor einer Polizeiabsperrung und hofft, seinen Sohn schnell wiederzusehen.

Die Lehrerin soll bedroht worden sein, als sie knapp 20 Schüler einer 8. Klasse unterrichtete. Was die Täter von ihr wollten, ist unklar. Sie seien anschließend geflüchtet. Die Polizei leitet zunächst eine Fahndung in der Umgebung ein. Straßen werden abgesperrt, ein Hubschrauber kreist in der Luft. Doch die Suche verläuft ergebnislos. Es ist zu dem Zeitpunkt nicht sicher, ob die beiden Jugendlichen die Schule überhaupt verlassen haben.

1000 Schüler in der Schule

Darum beginnt die Polizei mit der Durchsuchung der Stadtteilschule, in der sich zum Zeitpunkt der Tat rund 1000 Schüler aufgehalten haben sollen. Spezialkräfte gehen von Klassenraum zu Klassenraum. Die Schüler werden nach und nach mit Bussen zu einem Sammelpunkt in einer nahe gelegenen Bundeswehrkaserne gebracht.

Auch aus anderen Schulen in dem Stadtteil holen besorgte Eltern ihre Kinder ab, etwa aus einer benachbarten Grundschule. Die Polizei versucht sie zu beruhigen, es gebe keine Hinweise auf weitere Einsatzorte, teilt sie auf X (früher Twitter) mit. Zu dem Zeitpunkt ist von dem Vorfall an der Grundschule in Bahrenfeld offenbar noch nichts bekannt. Für Eltern und Angehörige wird ein Bürgertelefon eingerichtet. Ein Kriseninterventionsteam des Deutschen Roten Kreuzes ist am Sammelpunkt im Einsatz.

Vier Stunden Ungewissheit

Die Suche zieht sich über mehr als vier Stunden hin. Dutzende Polizeiwagen stehen mit Blaulicht in den Straßen. Zwei Drohnen kreisen über dem Schulgebäude. Rund 400 Beamte sind im Einsatz. Nach und nach sind mehr Schüler an den Fenstern zu sehen, einige rufen sich etwas zu. Wie ernst die Gefahr wirklich war, kann der Polizeisprecher nicht sagen. Es komme leider häufig vor, dass Jugendliche mit Softair- oder Anscheinwaffen hantierten. Hinweise auf Verletzte liegen dem Sprecher nicht vor. Wie es der bedrohten Lehrerin geht, kann Vehren nicht sagen. Die Stadtteilschule hat rund 1150 Schüler – davon allein um die 400 in der gymnasialen Oberstufe. Unterrichtet werden sie von mehr als 120 Lehrern.

Auch die Grundschule in Bahrenfeld wird von einem größeren Aufgebot durchsucht, um sicherzustellen, dass sich die vier Jungen nicht mehr auf dem Gelände aufhalten. Wenig später nehmen Zivilfahnder die drei Kinder und den Jugendlichen fest. Die Schulleitung versicherte den Eltern: «Für Sie ist wichtig zu wissen, dass für Ihre Kinder keine Gefahr bestand und auch die Polizei nicht von einer Gefährdungslage ausgegangen ist.» Sie gehe davon aus, dass sich die Situation nicht wiederholen werde, da die Täter namentlich bekannt und festgenommen worden seien.

Für die Spezialkräfte der Hamburger Polizei ist es der zweite Großeinsatz in nur fünf Tagen. Erst am vergangenen Samstagabend waren die Beamten zum Flughafen gerufen worden, weil ein 35-Jähriger seine vierjährige Tochter in Stade (Niedersachsen) entführt hatte und mit dem Kind im Auto auf das Flughafengelände gefahren war. Er durchbrach mehrere Schranken, schoss mit einer Pistole und warf zwei Brandsätze. Über den polizeilichen Notruf erklärte er nach Angaben der Staatsanwaltschaft, dass er eine Bombe im Fahrzeug habe und für sich und seine Tochter die Ausreise in die Türkei fordere. Erst nach 18-stündigen Verhandlungen hatte er aufgegeben und sich festnehmen lassen.

Quellen: Mit Material der dpa.

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