Kliniken fordern Finanzhilfen

VonC. Peters

20. September 2023

Berlin (KNA)Vertreter von Krankenhäusern, Pflege und Gewerkschaften haben am Mittwoch bei einem bundesweiten Protesttag vor einem ungeordneten Klinik-Sterben in Deutschland gewarnt. Wegen stark steigender Personal- und Energiekosten sowie einer hohen Inflation forderte die Branche zusätzliche Hilfen des Bundes. An der zentralen Kundgebung vor dem Brandenburger Tor in Berlin nahmen mehrere Hundert Menschen teil. Gesetzlich ist es den Krankenhäusern nicht möglich, ihre gestiegenen Ausgaben an die Patienten weiterzugeben.

Der Chef der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Gerald Gaß, erklärte, in vielen Kliniken und Regionen sei die Verunsicherung groß. Noch vor einer geplanten Reform der Krankenhauslandschaft müsse es einen Inflationsausgleich geben. Sonst würden viele Häuser die Reform nicht mehr erleben.

Lauterbach gibt Bundesländern Mitschuld

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verwies auf umfassende Hilfen des Bundes. Im Morgenmagazin von ARD und ZDF gab er den Bundesländern eine Mitschuld. Sowohl bei den Energie- als auch bei den Personalkosten helfe der Bund mit Milliardenbeträgen. Die Länder dagegen seien seit zehn Jahren ihren Pflichten bei den Investitionskosten nicht nachgekommen. Der Minister verwies auf schon zugesicherte Hilfen für gestiegene Energiekosten von sechs Milliarden Euro. Bis zum Frühjahr 2024 würden 2,5 Milliarden Euro davon ausgezahlt. Auch werde die Bundesregierung die Bezahlung der Pflegekräfte in den Krankenhäusern per Gesetz beschleunigen.

Lauterbach betonte zugleich, dass es in Deutschland zu viele Krankenhäuser gebe. Insolvenzen seien allerdings nicht das richtige Mittel, um eine funktionsfähige Krankenhauslandschaft zu schaffen. Die Defizite der Krankenhäuser liegen aus Sicht des Ministers in erster Linie daran, dass die Fallzahlen nach Corona deutlich gesunken sind. Dieser Trend werde anhalten, weil ein immer größerer Anteil von Behandlungen ambulant gemacht werden könne.

Wirtschaftliche Situation in Kliniken

Nach einer in der „Rheinischen Post“ veröffentlichten Umfrage der DKG bewerten mittlerweile 68 Prozent der Allgemeinkrankenhäuser ihre aktuelle wirtschaftliche Situation als schlecht (36 Prozent) oder sehr schlecht (32 Prozent). Fast die Hälfte der Häuser (48 Prozent) sieht ihre Liquidität bis Ende 2024 gefährdet. 49 Prozent der Allgemeinkrankenhäuser erwarten, ihr Angebot in den nächsten sechs Monaten reduzieren zu müssen, etwa indem sie Betten sperren oder Stationen vorübergehend schließen. 38 Prozent planten bereits konkret, offene Stellen zeitweise nicht mehr zu besetzen.

Der Katholische Krankenhausverband Deutschland forderte die Bundesregierung auf, schnell nachhaltige Finanzhilfen auf den Weg zu bringen und Tarifsteigerungen vollständig zu refinanzieren. Geschäftsführerin Bernadette Rümmelin erklärte, gerade für freigemeinnützige Häuser wie die katholischen Kliniken sei die Lage besonders brisant. Ihr Defizit werde in aller Regel nicht von den Kommunen kompensiert.

Laumann: „Kehrtwende vollzogen“

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) rief Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in der „Augsburger Allgemeinen“ auf, die Krankenhausfinanzen zur Chefsache zu machen und als Teil seines Deutschlandpaktes voranzutreiben.

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) wies die Kritik Lauterbachs an den Ländern zurück: Es sei richtig, dass die Länder bei den Investitionskosten in der Vergangenheit ihre Hausaufgaben nicht gemacht hätten, räumte er in der „Rheinischen Post“ (Donnerstag) ein. NRW habe aber 2017 eine entschiedene Kehrtwende vollzogen. Laumann sieht den Bund in der Pflicht, Überbrückungsleistungen zu zahlen. Er habe die Verantwortung für die Betriebskosten übernommen.

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