Die Hengsbach-Statue kommt weg

VonC. Peters

22. September 2023

Essen (KNA)Nach der Veröffentlichung von Missbrauchsvorwürfen gegen Kardinal Franz Hengsbach hat Essens Bischof Franz-Josef Overbeck eigene Versäumnisse eingeräumt. „Ich bitte Sie nun alle um Entschuldigung für meine Fehler“, schreibt er in einem am Freitag veröffentlichten Brief an die Gemeinden seines Bistums.

Er habe 2011 durch das Erzbistum Paderborn von einem ersten Missbrauchsvorwurf gegen den Gründerbischof des Ruhrbistums erfahren, so Overbeck. Nach der Rückmeldung der römischen Kongregation für die Glaubenslehre, die diese Vorwürfe für nicht plausibel hielt, habe er nichts weiter unternommen und den Fall als bearbeitet angesehen.

Er sehe es „aus heutiger Sicht als persönlichen Fehler, nach der Mitteilung über die Bewertung der Glaubenskongregation letztlich die damals vorliegenden Beschuldigungen als erledigt anzusehen“. Dies habe dazu geführt, dass er das Forschungsteam für die im Frühjahr veröffentlichte Aufarbeitungsstudie des Bistums Essen nicht informiert habe. Ebenso wenig habe er bereits 2011 die damalige Missbrauchsbeauftragte des Bistums über den Vorwurf gegen Hengsbach informiert.

Das sind die Vorwürfe

Franz Hengsbach wird bisher Missbrauch in drei Fällen in den Jahren 1954 und 1967 vorgeworfen. Bekannt geworden waren die Vorwürfe im Bistum Essen 2011 und 2022. Deren Bekanntgabe am Dienstag führte zu erneuter Kritik am Aufklärungswillen der katholischen Kirche. Neben Forderungen, nach Kardinal Hengsbach benannte Straßen und Plätze umzubenennen, gibt es Rückfragen zu Overbecks Entscheidung, noch im Oktober 2011 eine Statue Hengsbachs in der Nähe des Domes zu enthüllen.

In eine Sondersitzung entschied das Essener Domkapitel am Freitagnachmittag, die Statue entfernen zu lassen. Laut Dompropst Thomas Zander sprach sich das Domkapitel auch dafür aus, stattdessen einen Gedächtnisort für die Opfer sexuellen Missbrauchs zu schaffen. Das Domkapitel ist Hausherr des Domes und des umgebenden Platzes.

Brief von Bischof Overbeck

In seinem Brief an die Gemeinden des Bistums schreibt Overbeck, ihm sei deutlich geworden, dass er nach Standards damaliger Zeit handelte, die aus heutiger Sicht vollkommen ungenügend seien. Er wolle weiterhin „ein lernender Bischof sein“ und „den gesamten Vorgang umfassend und unabhängig aufarbeiten lassen“. Ein Bistumssprecher bestätigte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), dass Overbeck nicht zurücktreten wolle.

Der Bischof will vielmehr den Kontakt zur gerade entstehenden Aufarbeitungskommission in seinem Bistum suchen sowie zu Wissenschaftlern des Instituts für Praxisforschung und Projektberatung (IPP), das die Aufarbeitungsstudie für das Ruhrbistum erstellt hat. Gleichzeitig bittet er etwaige Betroffene von Missbrauch oder Menschen, die darum wissen, sich bei den unabhängigen Ansprechpersonen der Diözese zu melden.

Kein „Personenkult“

Unterdessen warnte der Jesuit Klaus Mertes, das Abbauen von Denkmälern könnte den Eindruck erwecken, „mit dem haben wir nichts zu tun“. Wichtiger sei es für die Kirche, von einem Personenkult in Bezug auf Amtsträger loszukommen. Umgekehrt warnte Mertes, der vor 13 Jahren den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche in Deutschland erstmals öffentlich machte, zur Vorsicht bei der rückblickenden moralischen Beurteilung von Personen. Dies dürfe nicht zu Selbstgerechtigkeit führen.

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