Leipzig (KNA)Historiker haben laut dem Geschichts-Professor Dirk van Laak immer mehr Probleme mit Fake News. „Komplexität, Widersprüchlichkeit, Ambivalenz, die verschiedenen Grautöne: Das ist unsere Welt. Aber oft erhalten pointierte, möglichst klare und eindeutige Aussagen die größere Bühne“, sagte er der Leipziger Volkszeitung (Freitag). „Für uns Historiker wird es da schwer, mit unseren hinterfragenden und differenzierenden Analysen Gehör zu finden.“
Van Laak lehrt an der Universität Leipzig und ist Mitorganisator des Deutschen Historikertags, der vom 19. bis 22. September unter dem Leitthema „Fragile Fakten“ in Leipzig stattfindet. Erwartet werden rund 2.500 Teilnehmende aus dem In- und Ausland.
Überzeugende Erzählungen in komplexerer Welt
Mit Blick auf eine verstärkte Relevanz von Algorithmen und Filterblasen sagte van Laak: „Es gab eine Zeit, in der es die Wissenschaften leichter hatten, so etwas wie Wahrheit zu behaupten. Die einzelnen Befunde der heutigen vielschichtigen Forschungslandschaft aufeinander zu beziehen und zu einem Gesamtbild zusammenzusetzen, ist enorm schwer.“ In einer komplexeren Welt steige das Bedürfnis nach einer überzeugenden Erzählung: „Ein Narrativ, wie man das heutzutage nennt, kann eine ungeheure Macht entfalten. Leider ergreifen auch Verschwörungstheoretiker die Gelegenheit, um Mythen zu verbreiten.“
Versuche, Mythen als Wahrheiten zu etablieren, seien indes ein altes Phänomen: „Ob man an mittelalterliche Urkunden denkt, die Besitzrechte oder Herrschaftsverhältnisse belegen sollten, oder an die Nationalstaatsbildung im 19. Jahrhundert – da wurde konstruiert, was das Zeug hielt: wann eine nationale Geschichte beginnt, wer alles dazugehört und wie heldisch das alles verlaufen sein soll.“ Das ziehe sich bis zu den russischen Begründungen heute durch, warum die Ukraine angeblich zu Russland gehöre.