Fitzek: Corona-Pandemie war Real-Life-Thriller

VonC. Peters

26. September 2023

Berlin (KNA)Sein letztes Buch ist im Frühjahr erschienen, das nächste ist für Oktober angekündigt. Bestseller-Autor Sebastian Fitzek fasziniert seine Leserinnen und Leser mit Spannung, manchen sind seine Romane jedoch allzu blutig. Im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) spricht er über die Corona-Zeit und die Rolle von Literatur in Krisenzeiten.

Herr Fitzek, True-Crime-Formate boomen, ebenso Fernsehkrimis und Ihre Thriller. Woher kommt diese Faszination?

Es ist nicht die Faszination am Blut oder am Horror. Jeder gute Thriller beschäftigt sich zu maximal zehn Prozent mit dem Tod – und zu neunzig Prozent mit dem Leben.

Die Realität ist leider schlimmer als das, was wir schreiben. Beispielsweise war die Corona-Pandemie ein Real-Life-Thriller – eine Bedrohung, die von heute auf morgen alle Menschen betraf, die nicht darauf trainiert waren, mit einem solchen Virus umzugehen. Corona hat uns mit unserer Sterblichkeit konfrontiert. Die Menschen haben sich plötzlich angesichts der Gefahr gefragt: Was will ich in diesem Leben erreichen, was ist wirklich wichtig, wie will ich meine endliche Zeit auf Erden nutzen?

Die Sinnfrage …

… die man sich in der modernen Welt lange nicht mehr stellen musste. In einer Welt, in der alles selbstverständlich ist: dass das Wasser aus dem Wasserhahn kommt, dass ich Freunde treffen, verreisen und Konzerte besuchen kann. Der Wegfall dieser Selbstverständlichkeit – das ist das Thriller-Moment. Und deshalb wiederum lesen wir Thriller: Auch sie führen uns zu der Frage, wofür es sich lohnt, sich gegen mögliche Gefahren zu verteidigen. Das sind essenzielle Fragen, die jeden beschäftigen.

Viele Autoren nutzen religiöse Motive in Krimis, etwa die sieben Todsünden. Auch für Sie eine Inspirationsquelle?

Ich bin da sehr vorsichtig; das ist für viele Menschen ein sensibles Thema, und mir liegt nichts ferner, als Klischees zu bedienen. Die Gefahr liegt nahe, in einem Psycho-Thriller zum Beispiel psychisch erkrankte Menschen als gefährliche Monster darzustellen – oder eben gläubige Menschen zu diffamieren. Allerdings ist die Frage nach dem Sinn natürlich auch eine Glaubensfrage. Daher könnte es sein, dass das Thema in meinem nächsten Buch eine größere Rolle spielen wird.

Ihre Romane sind spannend und mitunter humorvoll wie zuletzt „Elternabend“. Ist es auch Aufgabe von Literatur, komplexe Themen ins Bewusstsein zu bringen?

Ich tue mich schwer mit der Aussage, dass Literatur eine Aufgabe hätte. Ich freue mich, wenn Bücher Fragen aufwerfen. Umgekehrt ist das Schreiben für mich eine Form der Selbstreflexion – was mir oft eher im Nachhinein klar wird. Bei „Elternabend“ geht es beispielsweise auch darum, welche Maske wir alle im Alltag tragen, wie wir uns bemühen, uns von der besten Seite zu präsentieren. Es war kein bewusster Entschluss, das zum Thema zu machen, sondern es hat sich so entwickelt. Insofern lerne ich beim Schreiben auch immer etwas über mich selbst, aber in erster Linie schreibe ich Unterhaltungsromane.

Zum Abschluss eine persönliche Frage: Können Sie noch einen Spaziergang machen oder in den Supermarkt gehen, ohne dort Anregungen für den nächsten Krimi zu suchen?

Tatsächlich bin ich in Gedanken häufig so sehr mit dem gegenwärtigen Buch beschäftigt, dass ich in meiner eigenen Welt versinke. Meine Familie und Freunde haben sich inzwischen darauf eingestellt, dass ich in Unterhaltungen dann manchmal „weg“ bin, und sie wissen, dass das nicht unhöflich gemeint ist. Aber: Wenn Sie mich im Supermarkt antreffen und ich eine Nudelsorte anstarre, denke ich wahrscheinlich eher über ein Detail meines aktuellen Romans nach als dass ich in dieser Nudelsorte das nächste Tatwerkzeug entdecke.

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