Wladimir Putin wird laut dem pensionierten US-Brigadegeneral Kevin Ryan höchstwahrscheinlich Atomwaffen einsetzen, um eine Niederlage in der Ukraine abzuwenden. Er glaubt nicht, „dass der Westen irgendetwas tun kann, um Präsident Putin davon abzuhalten, in der Ukraine taktische Atomwaffen einzusetzen, wenn er dies will.“
Während die überwiegende Mehrheit westlicher Experten und Analysten diese Möglichkeit als unwahrscheinlich betrachtet, teilt Ryan diesen Optimismus nicht. In einem Interview mit RFE/RL betont er, dass man die Bedrohungen ernst nehmen solle, selbst wenn sie als unwahrscheinlich angesehen werden. Seiner Meinung nach würde Präsident Putin eine Atomwaffe einsetzen, wenn er die Landverbindung zur Krim, die Krim selbst oder die eroberten Gebiete verlieren würde.
Im Zusammenhang mit dem zerstörten Damm in Saporischschja sind immer wieder Bedenken wegen des nahegelegenen Atomkraftwerks aufgekommen. Eine mangelnde Versorgung mit Kühlwasser könnte eine nukleare Katastrophe auslösen. Auf die Sorge angesprochen, ob das Kraftwerk absichtlich von Russland zerstört werden könnte, meint Ryan, es sei durchaus möglich, dass Russland dort einen nuklearen Unfall inszeniere, der nicht nur das lokale Gebiet verstrahle, sondern auch Menschen in der Umgebung einer nuklearen Katastrophe gefährdet.
Gleichzeitig denkt er jedoch, dass ein solcher Unfall Russland wenig nutzen würde. Weder die ukrainische Armee wäre dadurch geschlagen, noch würde dies eine ukrainische Offensive an anderer Stelle im Land verhindern, so Ryan. Nur der Atompilz einer nuklearen Waffe hätte die entsprechende Wirkung – als Machtdemonstration.
Der ehemalige General ist der Ansicht, dass der Westen Putin bisher nichts entgegengesetzt hat, „das ihn davon abhalten würde, in der Ukraine Atomwaffen einzusetzen. Sind es wirtschaftliche Sanktionen? Diese haben bisher nicht verhindert, was er getan hat. Ist es ein katastrophaler Militärschlag? Der Westen könnte das möglicherweise tun, aber er ist nicht dazu bereit.“
Ryan warnt politische Anführer in Moskau, Washington, Kiew und den NATO-Hauptstädten davor, die Wahrscheinlichkeit zu unterschätzen, dass Putin seine Drohungen in Bezug auf den Einsatz von Atomwaffen wahr macht. Er fordert zudem eine intensivere Vorbereitung auf medizinische Versorgung, humanitäre Hilfe und militärische Maßnahmen im Falle eines nuklearen Konflikts.
Archivbild: „Vladimir Putin 17-11-2021 (cropped)“ by The Presidential Press and Information Office is licensed under CC BY 4.0.