Exklusiv: Vom Bayerischen Filmpreis bis zur Kino-Premiere – Regisseur Golafshan über die Herausforderungen hinter ‚Alles Fifty Fifty‘

VonFlorian Stickel

30. August 2024
LEONINE Distribution GmbH

Alireza Golafshan hat Grund zur Freude: Sein aktueller Film „ALLES FIFTY FIFTY“ sammelt reichlich Lob ein, zuletzt bei der Premiere auf dem Filmfest in München. Im Januar gab es bereits den Bayerischen Filmpreis, und ab 29. August kann das breite Publikum die „Erziehungskomödie“ endlich im Kino sehen. Bekannt wurde Golafshan durch seinen ersten Spielfilm „Die Goldfische“, gefolgt von „JGA: Jasmin. Gina. Anna.“ Beim Gespräch in München erzählt er von den Herausforderungen einer Komödie und natürlich über den Spaß, den man beim Filmemachen haben kann.

NEWS IN FIVE: Du hast bereits im Januar den Bayerischen Filmpreis gewonnen, und jetzt kommt dein Film Ende August endlich in die Kinos. Was ist in der langen Zeit mit dem Film und mit dir passiert?

Alireza Golafshan: Ja, stimmt. Wir hatten ursprünglich einen früheren Starttermin geplant, aber es gab einige Turbulenzen. Nachdem der Streik (der Autorengewerkschaft, Anm. d. R.) in den USA beendet wurde, kamen plötzlich viele amerikanische Filme auf den Markt. Das führte zu vielen Veränderungen bei den Kinostarts. Der Bayerische Filmpreis wird auch vergeben, wenn die Filme noch nicht im Kino waren. Man kann den fertiggestellten Film einreichen, was für die Zuschauer manchmal blöd ist, weil sie den Film nicht gesehen haben. Aber ich hoffe, dass die Vorschusslorbeeren gerechtfertigt sind. Es gibt natürlich eine gewisse Erwartungshaltung, was die Kehrseite davon ist. Aber ich habe mich sehr über den Preis gefreut, gerade im Bereich Comedy, da es nicht viele Preise in diesem Genre gibt. Ich zumindest mache Filme nicht wegen der Preise, aber es ist umso schöner, wenn man sie dann doch bekommt.

NEWS IN FIVE: In der Urteilsbegründung der Filmpreis-Jury hieß es, dass du von Gegensätzen und ihrer Überwindung erzählst, und der Film dabei keinerlei Leichtigkeit einbüßt. Was für einen Ton wolltest du treffen und wie hast du das erreicht?

Alireza Golafshan:  Ja, ich glaube, das ist ein wichtiges Thema. Bei der Erziehung sieht man oft, wie andere Eltern ihre Kinder erziehen, und ich wollte unbedingt vermeiden, gehässig oder verurteilend zu sein. Ich habe Figuren entworfen, die Fehler machen, aber man wünscht ihnen, dass sie daraus lernen. Das führt zu komödiantischen Momenten, wenn Dinge schiefgehen, und emotionalen Momenten, wenn sie schmerzhafte Etappen durchlaufen müssen. Das ist das Schöne an der Komödie – sie bietet viel Platz für Figuren und deren Entwicklung. Wenn die Figuren stimmen, folge ich ihnen auch, selbst wenn sie blöde Dinge tun. Aber wenn sie leiden oder einen emotionalen Moment haben, dann ist das auch erlaubt, solange es aus den Figuren herauskommt.

NEWS IN FIVE: Du wechselst in dem Film zwischen verschiedenen Genres: Familiendrama, Komödie, Roadmovie, Satire. Wie hast du diesen Mix unter einen Hut gebracht?

Alireza Golafshan: Es ist ein bisschen wie beim Hausbau. Wenn das Fundament tief genug ist, kann man hoch bauen und auch etwas experimentieren. Dieses Fundament ist der emotionale Kern der Figuren. Die Zuschauer erwarten heutzutage eine gewisse Vielfalt an Tonalitäten. Es geht darum, eine Dynamik zu schaffen, die sowohl die komödiantischen als auch die emotionalen Momente unterstützt. Wenn alles tragisch ist, ist nichts tragisch; wenn alles lustig ist, ist nichts lustig. Der Wechsel macht den Spaß aus. Es ist wie ein 5- oder 6-Gänge-Menü, bei dem man eine gewisse Abwechslung bietet, damit man nicht immer auf denselben Knopf drückt. Das sorgt dafür, dass sowohl die Comedy-Momente als auch die emotionalen Momente stärker wirken.

NEWS IN FIVE: Du hast das Drehbuch selbst geschrieben. Was fiel dir leichter – das Schreiben oder das Regie führen?

Alireza Golafshan: Leicht ist keines von beiden. Es gibt drei Aspekte des Filmemachens, die ich liebe: das Schreiben, die Arbeit mit den Schauspielern und der Schnitt. Drehbuch und Schnitt gehören für mich zusammen. Es ist ein seltsamer Wechsel von Rollen, zuerst einsam am Schreibtisch zu arbeiten und dann mit einem großen Team den ganzen Tag zu kommunizieren. Der Moment, wenn talentierte Schauspieler wie Laura Tonke oder Moritz Bleibtreu das Geschriebene zum Leben erwecken, macht viel Spaß. Aber es gibt auch logistische Herausforderungen, auf die ich gerne verzichten könnte. Letzten Endes ist das Regie führen eine Mischung aus kreativem Schaffen und viel organisatorischer Arbeit.

NEWS IN FIVE: Wie hast du die richtigen Darsteller gefunden, besonders die Nachwuchsdarsteller Valentin und Annie?

Alireza Golafshan: Beim Casting von Kindern ist es wichtig, sicherzustellen, dass sie aus eigenem Antrieb dabei sind und nicht unter Druck von zu Hause stehen. Kinder müssen wirklich Spaß daran haben. Anders als bei ausgebildeten Schauspielern, die sich technisch eine Rolle aneignen können, muss bei Kindern alles natürlich kommen. Valentin Thatenhorst (spielt den Sohn Milan, Anm. d. R.) hat uns ein Video geschickt, bei dem ich das Gefühl hatte, dass er wirklich authentisch ist. Am Set ist es wichtig, eine Atmosphäre zu schaffen, die sich nicht nach Arbeit anfühlt. Bei den Erwachsenen ist es anders – ich habe großen Respekt vor ihren Fähigkeiten. Oft merkt man beim Casting sofort, wenn die Chemie zwischen den Darstellern stimmt. Man sieht nicht nur, wie jemand eine Rolle interpretiert, sondern auch, ob man eine gute Zeit miteinander haben wird.

NEWS IN FIVE: Gab es bei den Dreharbeiten besondere Momente, die dir in Erinnerung geblieben sind?

Alireza Golafshan: Ja, ich bin besonders stolz auf eine Szene mit Ramona Kunze-Libnow, sie spielt die Mutter von Jens (Axel Stein). Die Figur ist weit weg von mir – eine 60-jährige, deutschstämmige Frau. Es gab eine Szene, in der sie über Ehe und S ex spricht, und ich war gespannt, wie authentisch das rüberkommt. An einem Abend am Set hat sich diese Szene vor meinen Augen dann zu einer neuen Realität entwickelt. Diese Szene ist mittlerweile einer der größten Lacher im Film. Es ist ein tolles Gefühl, etwas geschaffen zu haben, das so weit von meiner eigenen Realität entfernt ist. Das ist im Kern, warum man Filme macht – um aus der eigenen Perspektive herauszukommen und neue Blickwinkel einzunehmen.

„ALLES FIFTY FIFTY“ startet am 29. August 2024 in den deutschen Kinos. Zum Trailer bei YouTube.

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