Ein Drittel der Eltern lesen Kindern kaum vor

VonC. Peters

11. Oktober 2023

Berlin (KNA) Buchgeschenke, feste Zeiten und mehr Anlässe für das Vorlesen: Dazu raten Fachleute. Das Vorlesen müsse Eltern so leicht wie möglich gemacht werden, betonte die Leiterin des Instituts für Lese- und Medienförderung der Stiftung Lesen, Simone Ehmig, am Dienstag in Berlin. Sie äußerte sich zum neuen Vorlesemonitor der Stiftung Lesen, der Deutsche Bahn Stiftung und der „Zeit“.

Demnach wird jedem dritten Kind zwischen ein und acht Jahren selten oder nie vorgelesen. Befragt wurden 833 Mütter und Väter. 63,4 Prozent lesen demnach regelmäßig vor; 12,8 Prozent täglich, 10,9 Prozent sogar mehrmals am Tag. Im Vergleich zum Vorjahr gebe es weniger Eltern von Kindern im Grundschulalter, die gar nicht vorlesen: Gaben dies im Vorjahr noch 11 Prozent der Eltern von Fünfjährigen und 22 Prozent von Sechsjährigen an, waren es in diesem Jahr nur noch acht beziehungsweise zwölf Prozent.

Vorlese-Erfahrung

Dabei lesen diejenigen Eltern ihren Kinder häufiger vor, denen früher selbst vorgelesen wurde. Dieser Faktor überspringe mitunter auch die „Bildungsbarriere“, sagte Ehmig: Eigene Vorlese-Erfahrung erhöhe auch bei formal niedrig gebildeten Eltern die Wahrscheinlichkeit, dass sie selbst vorlesen. Auf diese Weise entstehe eine „gemeinsame Welt“ zwischen den Generationen: 72 Prozent der Befragten, die sich an Geschichten aus ihrer Kindheit erinnern, geben diese wiederum an ihre Kinder weiter.

In den Familien, in denen regelmäßig vorgelesen werde, gebe es mehr Kinderbücher und auch sonst mehr Lesestoff: Die Hälfte dieser Eltern haben etwa eine Zeitschrift oder Zeitung abonniert. „In diesen Wohnungen und Häusern stoßen Kinder eher auf Lesestoff oder erleben die eigenen Eltern lesend“, erklärte Ehmig. Auch nutzten diese Familie verstärkt elektronische Lesemedien – und zwar gemeinsam mit den Kindern: „Die Vorstellung, dass Kinder vor Bildschirmen ‚geparkt‘ würden, trifft nicht zu.“

Kita, Schule und Freizeit

Wenn Kinder wüssten, wie viel Freude das Vorlesen bereite, dann forderten sie dies auch ein: Davon berichteten 52 Prozent der Eltern, die selten vorlesen. Daher ist es laut Studie wichtig, Vorlese-Anlässe auch in Kitas, Schulen und Freizeit zu schaffen. Eine Mehrheit der Befragten nehme zudem Angebote an, in Kitas oder Schulen Bücher auszuleihen. Sandra Kreft, Mitglied der Geschäftsleitung der „Zeit-„Verlagsgruppe, wies auf den Vorlesetag am 17. November hin: Er solle Kinder ermutigen, das Thema in die Familien hineinzutragen.

Der Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen, Jörg F. Maas, mahnte zudem mehr Fördermittel für Bildungsprojekte an. Der Vorlesemonitor reihe sich ein in Studien der vergangenen Jahre, die gezeigt hätten: „Ein großer Teil der Gesellschaft – Kinder, Jugendliche und Familien – kann nicht ausreichend lesen und schreiben.“ Das Vorlesen zu fördern, sei eine Investition in heutige Kinder, aber auch deren Kinder und Kindeskinder. Bildung fange mit dem Vorlesen an, betonte auch der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesbildungsministerium, Jens Brandenburg.

Advertisement