Köln (KNA)Trotz starker Umfragewerte der AfD haben sich ausgeprägt rechte und rechtsextreme Einstellungen in Deutschland seit 2016 offenbar nicht verstärkt. Allerdings sei die Bindekraft der AfD deutlich größer geworden und die Anhängerschaft fühle sich durch rechtsextreme Strömungen wenig abgeschreckt, heißt es in einer am Freitag veröffentlichten repräsentativen Umfrage von infratest dimap für den ARD-Deutschlandtrend.
Die Befragung im Auftrag des WDR macht deutlich, dass sich die deutsche Gesellschaft im Zustand großer Sorge befindet. 81 Prozent blicken derzeit mit Beunruhigung in die Zukunft, nur 14 Prozent mit Zuversicht. Vergleichbare Werte wurden bisher laut WDR nur zwischen 2003 und 2005 in einer Phase hoher Arbeitslosigkeit gemessen.
Acht Prozent rechtsextrem
Laut Studie sind acht Prozent der Befragten als rechtsextrem einzuordnen (2016: neun Prozent), weitere 14 Prozent als ausgeprägt rechts (2016: 13 Prozent). Die vollständige Ablehnung aller vorgelegten Aussagen liegt mit 55 Prozent (plus 3) etwas höher als 2016.
Während sich das rechte politische Milieu in der Größe nicht verändert hat, wird es von der AfD hingegen deutlich stärker gebunden als bisher. In der Anhängerschaft der Partei lassen sich 27 Prozent als rechtsextrem einordnen, weitere 25 Prozent als ausgeprägt rechts. Das ist zum einen eine deutliche Steigerung gegenüber 2016 (damals 20 rechtsextrem/24 Prozent ausgeprägt rechts). Vor allem aber hat sich diese Anhängerschaft nach Zahlen der Sonntagsfrage in dieser Zeit bundesweit von zwölf auf 22 Prozent erhöht. Nach Darstellung der Demoskopen versammelt die AfD damit in ihrer Wählerschaft mittlerweile einen großen Teil der Menschen mit rechtem Weltbild.
AfD-Anhänger: Partei nicht rechtsextrem
Diese Gruppe hat von den politischen Zielen der AfD eine völlig andere Wahrnehmung als die Bevölkerungsmehrheit. Fast drei Viertel der Befragten halten die AfD für eine rechtsextreme Partei – aber nur 18 Prozent ihrer Wählerschaft. Offenbar spielt diese Einordnung durch verschiedene Verfassungsschutzbehörden auch keine wesentliche Rolle für die Wahlentscheidung. 80 Prozent der Anhängerinnen und Anhänger der AfD erklären, es sei ihnen „egal, dass die AfD in Teilen als rechtsextrem gilt, solange sie die richtigen Themen anspricht“.
Die AfD ist derzeit laut Analyse von Jörg Schönenborn, WDR-Programmdirektor Information, Fiktion und Unterhaltung, die einzige Partei, die ihr Wählerpotenzial sehr weitgehend ausschöpft. 24 Prozent der Deutschen können sich gegenwärtig grundsätzlich vorstellen, in Zukunft auch die AfD zu wählen, 22 Prozent derer, die sich in der Sonntagsfrage für eine Partei entscheiden, erklären aktuell die Absicht, AfD zu wählen.
Parteien schöpfen Wählerpotenzial nicht aus
Zum Vergleich: Das größte Potenzial hat die CDU/CSU mit 52 Prozent der Wahlbevölkerung, nur 28 Prozent wollen sie aber aktuell wählen. Mehr als die Hälfte der AfD-Anhängerschaft (55 Prozent) kann sich vorstellen, künftig auch eine andere der Bundestagsparteien zu wählen, im Westen ist der Anteil etwas höher, im Osten niedriger. Dort ist die Bindung zur AfD fester.