Autor Martin Suter über Anzüge und seine Abneigung gegen Jeans

VonC. Peters

17. Oktober 2023

Zürich (KNA)Natürlich trägt Martin Suter zum Interview Anzug: dunkel, dazu ein weißes Hemd und eine dezente Krawatte. Der Bestsellerautor aus der Schweiz ist nicht nur bekannt für elegante Texte, sondern auch für einen ebensolchen Kleidungsstil. Ein idealer Ansprechpartner also für das Thema „Herrenmode“. Weil am 18. Oktober der Internationale Tag der Krawatte ist, beginnt das Interview eben dort – bevor wir uns bis hinunter zum Schuhwerk vorarbeiten.

Herr Suter, warum werden in manchen Gegenden an Karneval oder Fasching eigentlich Krawatten abgeschnitten?

Suter: Ich wusste gar nicht, dass es das noch gibt. Ich hatte mal davon gehört, dass ein solcher Brauch in manchen studentischen Kreisen gepflegt wurde. Vielleicht als eine Art Kastrationssymbol.

Das können wir ja mal so stehen lassen. In Ihren Romanen und Kurzgeschichten spielt die Kleidung der Protagonisten immer wieder eine nicht ganz unwichtige Rolle. Dazu gehört bei den Herren gern ein Binder. Worauf achten Sie bei einer Krawatte?

Suter: Sie sollte eher schmal sein und nicht zu lang.

Warum?

Suter: Je länger und je breiter die Krawatten sind, desto dicker fällt der Knoten aus. Und das finde ich unangenehm bis lächerlich.

Wie sähe die ideale Krawatte für Sie aus?

Suter: Ich bevorzuge Seidenkrawatten und mag nichts Großgemustertes. Grelle Farben würde ich nur dann in Erwägung ziehen, wenn sie wirklich gut zum Anzug passen. Aber die ideale Krawatte? Die suche ich noch. Was den Schnitt angeht, wird es ab den frühen 60ern schwierig, weil die Krawatten danach langsam immer dicker und breiter wurden. Vielleicht, weil man sie damit teurer machen konnte.

Wie viele Krawatten besitzen Sie?

Suter: Ich habe sie nie gezählt. Aber es sind schon sehr viele.

Gibt es darunter auch Exemplare, für die Sie sich im Nachhinein schämen. Ein schöner dünner Lederschlips aus den 80ern beispielsweise?

Suter: So etwas hatte ich nie. Aber mir hat mal jemand eine Krawatte geschenkt mit einer nackten Frau auf der Rückseite. Die war aber auch vorne nicht besonders geschmackvoll.

War das ein ernst gemeintes Geschenk?

Suter: Nein, das war ein Scherz. Von einer Dame, glaube ich sogar.

Aha, sowas geht also auch…

Suter: Ein anzüglicher Scherz.

Dann machen wir doch gleich mit der Anzugfrage weiter. Sie selbst sind bekennender Anzugträger – warum?

Suter: Ich fühle mich damit immer gut angezogen. Und es ist halt auch praktisch. Denn ein Anzug besitzt viele Taschen. In die kann man die Dinge hineintun, die man so mit sich herumträgt. Ich lasse mitunter sogar die Taschen vergrößern, um alles unterbringen zu können. Andernfalls wäre ich auf ein Herrenhandtäschchen angewiesen, was mir wiederum nicht so liegt.

Sie haben sinngemäß einmal gesagt, dass Herren über 50 keine Jeans tragen sollten, es sei denn, sie wären Cowboys. Das schränkt ehrlicherweise etwas ein bei der Wahl eines Beinkleids.

Suter: Naja, ich will niemandem vorschreiben, was er zu tragen hat. Aber bei mir hat sich das sozusagen ganz organisch ergeben. Weil die echten Jeans keine richtigen Taschen haben.

Brauchte der Cowboy vielleicht auch gar nicht, weil er auf dem Pferd saß und Satteltaschen hatte…

Suter: Oder es waren arme Schlucker, die gar nicht so viele persönliche Gegenstände besaßen, die sie hätten verstauen müssen.

Kommen wir in Sachen Herrenmode noch ganz unten an, bei den Schuhen. Da sieht man ja auch bei Anzugträgern alles Mögliche: von Gesundheitsschuhen bei älteren Semestern, über Uralt-Modelle mit schief gelaufenen Absätzen bis hin zu Sneakern. Ihre Wahl?

Suter: Also ich habe eigentlich nicht sehr viele Schuhe. Und das älteste Paar, das ich noch täglich trage, ist beinahe 40 Jahre alt. Allerdings achte ich darauf, wirklich gute Schuhe aus Leder zu kaufen, die dann auch etwas teurer sind und bei denen sich Reparaturen lohnen. Komischerweise sind das meist englische oder amerikanische Fabrikate. Die haben allerdings einen riesigen Nachteil.

Welchen?

Suter: Die haben oft eine Metalleinlage, und wenn man in eine Sicherheitskontrolle am Flughafen kommt, dann muss man die immer ausziehen.

Das ist, denke ich, zu verschmerzen, wenn man jetzt nicht ständig durch Flughäfen spaziert, oder?

Suter: Na ja, ich war in letzter Zeit mehrmals in Rom. Die sind dort sehr streng und haben ganz moderne Maschinen. Die pfeifen nicht nur wegen der Schuhe, sondern auch wegen meiner Hosenträger. Und dann besteht die Security immer darauf, dass ich die Schuhe ausziehe und noch einmal ohne sie durch die Schleuse gehe.

Zugegebenermaßen etwas umständlich.

Suter: Vor allem: Danach ist es ohne Schuhlöffel schwierig, wieder in die Schuhe reinzukommen. So etwas halten sie bei der Sicherheitskontrolle aber nicht vor. Nachdem mir das ein paar Mal passiert ist, nehme ich jetzt selbst immer einen kleinen Schuhlöffel mit.

Eigentlich erstaunlich, wo doch die Italiener als sehr modebewusst gelten. Da müssten sie an derartige Dinge eigentlich denken.

Suter: Vielleicht lautet die Botschaft dahinter: Wenn er modische Schuhe haben will, möge er die in Italien kaufen. Dort werden die Schuhe nämlich in der Regel nicht mit Metall verstärkt. Bei meinen englischen Modellen sagen sich die Italiener vielleicht: Dann soll er halt selber schauen, wie er wieder reinkommt in diese Schuhe.

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