Antidiskriminierungsbeauftragte will Plattform X verlassen

VonC. Peters

11. Oktober 2023

Berlin (KNA)Die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, will den Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter, verlassen. Wie die Antidiskriminierungsstelle (ADS) am Mittwoch auf der Plattform bekanntgab sei „durch den enormen Anstieg von Trans- und Queerfeindlichkeit, Rassismus, Misogynie, Antisemitismus und anderen menschenfeindlichen Inhalten“ die Plattform „für das Profil einer öffentlichen Stelle aus unserer Sicht kein tragbares Umfeld mehr“. Zuerst hatte das digitale Medienhaus Table Media (Mittwoch) von den Plänen berichtet.

Als staatliche Stelle habe die ADS eine Vorbildfunktion, deshalb sei ein Verbleib auf X nicht länger vertretbar. Alle Ministerien und andere öffentliche Stellen sollten sich fragen, „ob es weiterhin tragbar ist, auf einer Plattform zu bleiben, die zu einem Desinformations-Netzwerk geworden ist und dessen Eigentümer antisemitische, rassistische und populistische Inhalte verbreitet“.

Hass, Hetze und Antisemitismus

Der Kurznachrichtendienst war nach der Übernahme durch den Unternehmer Elon Musk in die Kritik geraten. Unter anderem hatte Musk die Regeln gegen Hass und Hetze auf der Plattform gelockert. Ihm selbst wurde auch Antisemitismus in einigen Tweets vorgeworfen. Zuvor gesperrte rechtsextreme Accounts seien wieder freigeschaltet und das Verifizierungssystem kommerzialisiert worden, erklärte die ADS.

Es stelle sich zudem die Frage, welche Zielgruppen über X noch erreicht werden könnten, heißt es in den Posts der Antidiskriminierungsstelle. „Auch ist die Zahl der Hasskommentare so massiv angestiegen, dass das wir dem nur noch mit einem hohen personellen Aufwand begegnen können.“

Jüdische Organisationen riefen zum Boykott von X auf

Ataman erinnerte in einer Presseerklärung zudem daran, dass bereits in der vergangenen Woche mehr als 160 Rabbinerinnen und Rabbiner sowie Vertretungen jüdischer Organisationen zum Boykott der Plattform aufgerufen hätten. Die Plattform sei nach deren Ansicht zu einem Nährboden für Antisemitismus geworden und stelle „eine der größten Gefahren für Juden seit Jahren“ dar.

Der bis dahin letzte eigene Post von Atamans Antidiskriminierungsstelle stammt vom 11. September. Bis zum 26. September wurden noch verschiedene Posts anderer Absender „repostet“, also wiederholt; seitdem gab es auf diesem Kanal keine weiteren Beiträge mehr. Zuletzt folgten mehr als 16.300 Accounts dem X-Profil der Antidiskriminierungsstelle.

Bundesregierung will vorerst bleiben

Eine Regierungssprecherin erklärt dazu, vorerst als Bundesregierung noch auf X präsent zu bleiben. Man nehme die Plattform sehr genau in den Blick und prüfe, ob sie weiter ein guter Kommunikationskanal sei. „Das ist eine Abwägung, die getroffen werden muss“, so die Sprecherin. Viele Ministerien hätten parallel einen Account bei Mastodon oder Bluesky. Der Account von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bei X hat etwa 777.000 Follower.

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