Altersbilder haben eine große Auswirkung auf jeden Einzelnen

VonC. Peters

25. September 2023

Bonn (KNA)Lieber sterben als alt werden, diesen Wunsch für die persönliche Zukunft formulierte 1965 die britische Rockband „The Who“. Nun, es ist anders gekommen. „The Who“-Leadsänger Roger Daltrey ist mittlerweile 79 Jahre alt und immer noch aktiv. So auch Keith Richards von den „Rolling Stones“. Mick Jagger hat gerade seinen 80. Geburtstag gefeiert. Die Generation derer, die damals lauthals und begeistert mitsangen, ist heute – alt. Welches Bild vom Alter mögen sie heute haben?

Vor 30 Jahren erschien der erste Altenbericht der Bundesregierung; nun hat das Bundesfamilienministerium vor kurzem die Initiative „Neue Bilder vom Alter“ gestartet. Das Ministerium will nach eigenen Angaben „neue, differenzierte und realistische Bilder vom Alter(n) verbreiten und fördern“. Denn die gesellschaftlich vorherrschenden Altersbilder entsprächen weder den vielfältigen Lebensentwürfen noch den Stärken der älteren Menschen.

Vorherrschend negatives Bild von alten Menschen

Das scheint wohl dringend erforderlich. Denn Mitte Dezember 2022 hat die Antidiskriminierungsstelle des Bundes unter der Leitung von Ferda Ataman die nach eigenen Angaben bislang umfassendste Studie über Altersbilder in der Gesellschaft vorgestellt. Das Ergebnis: Sehr viele Menschen haben ein negatives Bild von alten Menschen.

Grundlage der Studie war eine repräsentative Umfrage. So richtig sicher waren sich die Befragten allerdings nicht, ab wann man denn alt sei. Ab 60 vielleicht? Deutlich entschiedener waren sie allerdings in ihrer Meinung über alte Menschen.

Vorurteile gegenüber Alten in der Gesellschaft

Ein Drittel der Befragten meinte, dass alte Menschen „Platz machen“ sollten für die jüngere Generation. Mehr als die Hälfte der Befragten zeigte sich davon überzeugt, dass ältere Menschen nicht entscheidend zum gesellschaftlichen Fortschritt beitrügen. In Sachen Klimawandel schätzten 40 Prozent der Befragten die Senioren als hoffnungslos ein, bei den Jüngeren waren es sogar 63 Prozent. Überhaupt erschien das Faktenwissen über die Lebensumstände älterer Menschen schwach ausgebildet.

Die Initiative „Neue Bilder vom Alter“ mit dem Programm „Altersbilder“ will unterschiedliche Lebensentwürfe also bekannter machen – mit dem Ziel, dass junge Menschen ihr Bild vom Alter überprüfen. Ältere Menschen sollen hingegen ermutigt werden, ihre Fähigkeiten in die Gesellschaft einzubringen.

Was sind überhaupt Altersbilder? Im sechsten Altenbericht der Bundesregierung (2010) zu diesem Thema heißt es: „Altersbilder sind individuelle und gesellschaftliche Vorstellungen vom Alter (Zustand des Altseins), vom Altern (Prozess des Älterwerdens) oder von älteren Menschen (als soziale Gruppe).“ Diese Bilder, so wird erklärt, sind soziale Konstruktionen. Sie werden also von der Gesellschaft ausgehandelt. In der Regel gibt es laut Bericht nicht nur ein Altersbild in der Gesellschaft, sondern mehrere miteinander konkurrierende.

Die Krankenkasse AOK macht darauf aufmerksam, dass gesellschaftliche Altersbilder erhebliche Auswirkungen haben können: Sie beeinflussen das persönliche Altersbild, aber auch, wie man mit den altersbedingten Veränderungen umgeht sowie das Verhalten gegenüber älteren Menschen.

Die Macht gesellschaftlicher Altersbilder auf Einzelne

Tatsächlich können sich negative Altersbilder sogar auf die persönliche Gesundheit auswirken. Die AOK verweist auf wissenschaftliche Studien, denen zufolge „es einen Zusammenhang zwischen negativen Altersbildern, schlechteren Gedächtnisleistungen und einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu geben scheint.“ Manche ältere Menschen passen ihr Verhalten also, wahrscheinlich ohne es wahrzunehmen, ihr Verhalten an diese Altersbilder an – und werden krank. Dann sollten sie sich vielleicht ein Beispiel an den „Granfluencern“ nehmen.

Dieses Wort setzt sich aus „Grandparents“, also Großeltern, und „Influencer“ zusammen. Internetaffine Rentner und Rentnerinnen zeigen in den Sozialen Medien, dass sie vielleicht alt sein mögen, aber ihr aktives Leben noch lange nicht vorbei ist.

Die „Pasta Grannies“ beispielsweise teilen ihre Rezepte auf YouTube und erklären, wie man bestimmte Gerichte herstellt. Dass man im Alter nicht nur beige tragen kann, zeigt die mittlerweile 102 Jahre alte Modeikone Iris Apfel (@iris.apfel). „Altwerden ist nichts für Feiglinge“, so benannte der 2014 verstorbene Fernseh-Star Joachim Fuchsberger sein Buch. Aber es ist auch kein Grund zum Verzweifeln – im Gegenteil.

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