„Alter weißer Mann“-Filmkritik: Alles woke, oder was?

VonFlorian Stickel

25. Oktober 2024
Leonine

Kann ein „alter weißer Mann“ in der modernen Welt noch bestehen?
Simon Verhoevens neuer Film „Alter Weißer Mann“ geht genau dieser Frage nach und beleuchtet dabei die tiefen Gräben zwischen den Generationen. Der Film bringt aktuelle Themen wie Genderdebatten, Altersdiskriminierung und Alltagsrassismus auf die Leinwand und zeigt, wie eine vermeintlich vergangene Denkweise mit der Realität kollidiert. Doch gelingt es ihm wirklich, das Klischee zu entlarven und trotzdem Verständnis zu schaffen?

Ein Mann verliert den Anschluss – Handlung im Überblick

Im Zentrum steht Heinz Hellmich (Jan Josef Liefers), ein Mann, der von der Welt um ihn herum zunehmend überfordert ist. In der Firma wird er für seine „unkorrekten“ Aussagen kritisiert, und zuhause wird er von seinen Teenager-Kindern für seine konservativen Ansichten verspottet. Selbst seine Frau (Nadja Uhl) hat genug von der Rolle der fürsorglichen Mutter und möchte endlich ihre Karrierepläne verwirklichen. Und auch sein Vater (Friedrich von Thun) kämpft darum, seinen Platz in einer „woken“ Welt zu finden.

Der Cast: Liefers, Uhl und M’Barek

Jan Josef Liefers als Heinz Hellmich passt hervorragend in die Rolle des überprivilegierten aber verunsicherten „alten weißen Mannes“. Liefers, im realen Leben für – sagen wir – unkonventionelle Meinungen bekannt, gibt der Figur einen authentischen Charme, der zwischen nervig und sympathisch schwankt. Nadja Uhl bekommt nur eine wirklich bewegende Szene, in der sie dem Gatten eine neue Perspektive auf ihre Rolle als „nur Mutter“ eröffnet. Elyas M’Barek als moderner KI-Innovator wirkt wie eine Karikatur, während Friedrich von Thun als Hellmichs Vater charmant „lost“ wirkt und mit Neugier und Unverständnis durch die Fettnäpfchen der komplexen Welt streift.

Eine Satire, die zwischen Humor und Tiefe schwankt

Verhoeven greift in „Alter Weißer Mann“ viele brandaktuelle Themen auf – von Genderfragen über Altersrassismus bis hin zur KI-Revolution. Der Film zeigt die Sichtweisen der verschiedenen Generationen, beleuchtet Konflikte und versucht, Sympathie für jeden Standpunkt zu wecken. Doch trotz der starken Charaktere und der gut getimten Szenen bleibt vieles an der Oberfläche. Verhoeven will anscheinend alles auf einmal: Gesellschaftskritik, Komik, Satire.

Wo der Film punktet

Der Film überzeugt durch sein Zeitgefühl und eine starke Besetzung, die zwischen überzeichneter Satire und echter Emotionalität wechselt. Besonders die Berlin-Sequenz sticht hervor und zeigt die Figuren in einem Licht, das Menschlichkeit und Ehrlichkeit einfängt – ein Highlight des Films.

Wo „Alter Weißer Mann“ schwächelt

In Verhoevens Versuch, möglichst viele Diskurse anzureißen, geht die Tiefe der Themen verloren. So kommen ernste Auseinandersetzungen nur husch-husch zur Sprache. Verhoevens Kombination aus Satire und Klamauk lässt vieles unausgeführt, und der Eindruck bleibt, dass die Handlung und Charaktere hier und da mehr Platz und Raum zur Entfaltung bräuchten.

Fazit: Zwischen Lachen und Nachdenken – eine unvollständige Gesellschaftssatire

„Alter Weißer Mann“ spiegelt den aktuellen Zeitgeist dennoch treffend wider und lädt dazu ein, die Generationenkonflikte mit Humor zu betrachten. Doch trotz allem bleiben viele Fragen offen – man geht aus dem Film mit dem Gefühl, dass nicht alle angesprochenen Themen zu Ende geführt wurden. Am Ende steht nur die simple – und trotzdem korrekte – Botschaft: Redet miteinander und bleibt euch wohlgesonnen.

https://www.youtube.com/watch?v=YxihQ-J6M8U&t=1s

„Alter weißer Mann“ läuft seit dem 24. Oktober in den Kinos.

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