Köln (dpa) – Sicherheitskontrollen am Eingang, Polizeifahrzeuge vor der Kathedrale: Kurz vor den Weihnachtsgottesdiensten hat die Polizei die Sicherheitsmaßnahmen am Kölner Dom deutlich erhöht.
Die Sicherheitsbehörden hatten nach dpa-Informationen Hinweise auf einen möglichen Anschlagsplan einer islamistischen Gruppe auf den Dom und eine Kirche in Wien erhalten. Nach Angaben der Kölner Polizei bezogen sich die Hinweise auf Silvester. Die Menschen sollten sich nicht vom Kirchenbesuch abhalten lassen, weil der Schutz durch die Behörden funktioniere, machte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul deutlich.
Polizisten kontrollierten die Besucher des Doms, wie ein dpa-Reporter berichtete. Die Polizei zeigte auch davor mit Beamten und etwa ein Dutzend Fahrzeugen Präsenz. Touristische Besuche waren nach Kirchenangaben nicht möglich. Am Samstagabend hatte die Polizei den Dom bereits mit Spürhunden durchsucht, fand eigenen Angaben jedoch nichts Auffälliges.
Sicherheitsmaßnahmen in Wien
Auch in Wien erhöhte die Polizei die Sicherheitsmaßnahmen. In Österreich hatte der Verfassungsschutz am Samstag bei Ermittlungen gegen ein islamistisches Netzwerk vier Menschen festgenommen. Derzeit liefen Befragungen der Verdächtigen und entsprechende Auswertungen, teilte die Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst im österreichischen Innenministerium auf dpa-Anfrage mit. Nähere Details könnten aus kriminaltaktischen Gründen derzeit nicht genannt werden. Die «Bild» berichtete zudem von einer Festnahme in Deutschland. Dazu gab es zunächst jedoch keine Bestätigung.
Nach Angaben einer Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien gab es keine Anhaltspunkte, dass ein Anschlag in Wien unmittelbar bevorgestanden hätte. Sie sagte der österreichischen Nachrichtenagentur APA, in Wien seien drei Männer festgenommen worden. Bei Hausdurchsuchungen seien Datenträger sichergestellt worden. Gegen sie werde wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung in Verbindung mit terroristischen Straftaten ermittelt.
Nach dpa-Informationen könnte es bei der verdächtigen Gruppe möglicherweise einen Bezug zu einem Ableger des Terrornetzwerks Islamischer Staat (IS) geben, der sich Islamischer Staat Provinz Khorasan (ISPK) nennt und in Afghanistan schon seit einigen Jahren einen bewaffneten Konflikt mit den militant-islamistischen Taliban austrägt. Die Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien wollte sich dazu nicht äußern.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte im April betont, obwohl die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien und im Irak als weitestgehend besiegt gelte, sei die Gesamtorganisation noch lange nicht zerschlagen. Behördenchef Thomas Haldenwang sagte damals: «Unter den verschiedenen Ablegern des IS sticht besonders der „Islamische Staat Provinz Khorasan“, kurz ISPK, hervor.»
Hinweis bezog sich auf Silvester
Der Kölner Polizeisprecher Wolfgang Baldes sagte: «Wir haben einen Hinweis bekommen, eine Gefahrensituation rund um den Kölner Dom, möglicherweise auch für den Kölner Dom, der bezog sich auf Silvester.» Er wollte sich nicht zu näheren Details äußern. Man werde auch mit Blick auf weitere verdeckte Ermittlungen derzeit nichts zu den Erkenntnissen sagen.
Zugleich machte die Kölner Polizei deutlich, dass die erhöhten Sicherheitsmaßnahmen am Dom noch einige Zeit andauern werden. «Man muss jetzt mal schauen, wie schnell wir diesen Hinweis ja tatsächlich verifiziert bekommen. Es ist sicher, solange hier eine Gefahrensituation nicht ausgeschlossen ist, werden wir natürlich diese Maßnahmen weiterführen», sagte Baldes. Der Polizei stünden noch sehr arbeitsreiche Tage bevor.
Appell: Weihnachten dennoch feiern
Nordrhein-Westfalens Innenminister Reul riet trotz der Vorsichtsmaßnahmen, nicht aus Angst vor einem Anschlag auf einen Kirchenbesuch zu Weihnachten zu verzichten. «Unsere Behörden nutzen alle Erkenntnisse, um uns bestmöglich zu schützen. Das zeigen jetzt die Maßnahmen in Köln», unterstrich Reul und fügte hinzu: «Mein Appell: Gehen Sie in die Kirche, feiern Sie das Weihnachtsfest. Angst ist die Währung von Terroristen. Wir dürfen sie nicht zusätzlich aufwerten.»
Kirche und Polizei rieten, angesichts der Kontrollen etwas früher zum Gottesdienst zu kommen. Dompropst Guido Assmann sagte in einem Interview des Domradios, dass er sich die Freude nicht nehmen lasse. «Ich glaube, all denen, die vielleicht eine Drohung aussprechen oder etwas gegen unseren freiheitlichen Staat oder gegen die Religionsfreiheit tun möchten, die würden sagen, «wir haben gewonnen», wenn Angst umgeht.» Er betonte: «Dass wir in einem Rechtsstaat leben, der die Religionsfreiheit schützt, der die Menschen schützt, wenn sie zum Gottesdienst kommen möchten, jeden Menschen schützt, das finde ich ein ganz, ganz hohes Gut. Und das erleben wir hier.»
Reul: «Wir sind nicht schutzlos»
NRW-Innenminister Reul erklärte zum Vorgehen der Sicherheitsbehörden: «Vorsicht ist das Gebot der Stunde. Wir wissen: die Terrorgefahr ist so hoch wie lange nicht mehr und unsere christlichen Feiertagsrituale sind natürlich auch ein Ziel von islamistischen Terroristen», sagte er. «Aber wir sind nicht schutzlos», fügte der CDU-Politiker hinzu.
Ähnlich äußerte sich Bundesinnenministerin Nancy Faeser. «Wir nehmen die islamistische Terrorgefahr sehr ernst und sind äußerst wachsam», sagte sie der Funke Mediengruppe. Die Sicherheitsbehörden hätten die islamistische Szene im Visier und handelten konsequent. «Das zeigen auch die aktuellen Maßnahmen.»
Seit dem Terrorangriff der islamistischen Hamas auf Israel vom 7. Oktober nehmen Befürchtungen zu, dass es auch in Deutschland zu Anschlägen kommen könnte. In Österreich ist die Terrorwarnstufe nach Angaben der dortigen Polizei nach wie vor erhöht. Die zusätzlichen Vorsichtsmaßnahmen dienten der Aufrechterhaltung der allgemeinen Sicherheit in Österreich.
Quellen: Mit Material der dpa.