Kiew/Moskau (dpa) – Russland hat die Ukraine offiziellen Angaben zufolge in der Nacht auf Samstag erneut mit mehreren Dutzend Kampfdrohnen beschossen. Von landesweit insgesamt 31 Drohnen hätten 30 abgewehrt worden können, teilte die ukrainische Luftwaffe mit. Auch die Hauptstadt Kiew war erneut betroffen. Der dortige Militärkommandant Serhij Popko teilte mit, dass durch herabfallende Trümmerteile niemand verletzt worden sei.
Russland hat seine Luftangriffe auf die Ukraine in den vergangenen Tagen verstärkt und dabei Drohnen, ballistische Raketen, Hyperschallraketen und Marschflugkörper eingesetzt. Die verwendeten Drohnen iranischer Bauart werden meist in Schwärmen gestartet und fliegen mit vielen Kursänderungen, bevor sie mit ihrer Sprengladung auf ein Ziel stürzen. Nur dank westlicher Militärhilfe – etwa bei der Luftverteidigung von Kiew – ist die Ukraine in der Lage, viele dieser Drohnen abzuwehren.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kündigte nach Rückkehr von einer längeren Auslandsreise weitere außenpolitische Initiativen für das kommende Jahr an. «Wir arbeiten weiterhin mit unseren Partnern zusammen, um sicherzustellen, dass die Einheit bei der Verteidigung der Ukraine gewahrt wird», sagte Selenskyj in einem Video, das er in der westukrainischen Großstadt Lwiw aufnahm. Am Samstag ist der 661. Kriegstag, seit Russland im Februar 2022 in das Nachbarland einmarschiert ist.
Ukrainische Drohnenangriffe auf die Krim
In der Hafenstadt Sewastopol auf der Krim waren am Abend Explosionen zu hören, weil nach Angaben des russischen Stadtchefs Michail Raswoschajew die Flugabwehr im Einsatz war. Eine ukrainische Drohne sei dabei abgeschossen worden. Unabhängig überprüfbar waren diese Angaben nicht. In vielen Fällen erweist sich hinterher, dass der ukrainische Beschuss doch Schäden angerichtet hat, über die offiziell nicht berichtet wird.
Auch aus der russischen Region Kursk an der Grenze zur Ukraine meldeten die Behörden ukrainische Drohnenangriffe. Vier Drohnen seien abgefangen worden, teilte Gouverneur Roman Starowojt mit. Dennoch richteten die übrigen Drohnen Schäden an Gebäuden, Bahnanlagen und Überlandleitungen an.
Dutzende Bodengefechte in der Ostukraine
Der ukrainische Generalstab berichtete in seinem Lagebericht von 82 einzelnen Gefechten mit russischen Truppen entlang der Front im Osten und Süden des Landes. Besonders heftig waren die Kämpfe erneut bei der Stadt Awdijiwka. Sie wird von den Ukrainern verteidigt und liegt dicht an Donezk, der russisch kontrollierten Hauptstadt des Kohle- und Industriereviers Donbass.
Zahlreiche Gefechte wurden auch an den Frontabschnitten Kupjansk und Lyman, Bachmut sowie Marjinka gezählt. Auf die Lage in Marjinka ging auch der tägliche Bericht des britischen Verteidigungsministeriums ein. Russland habe die kleinen Bereiche, die dort noch unter ukrainischer Kontrolle sind, weiter reduziert. Ein operativ bedeutsamer russischer Durchbruch in diesem Sektor sei aber höchst unwahrscheinlich, lautete die Einschätzung der Briten. Marjinka liegt knapp 30 Kilometer südwestlich von Donezk. Der Ort hatte vor dem Krieg etwa 9000 Einwohner und ist mittlerweile fast völlig zerstört.
Selenskyj spricht von neuen Initiativen
Die Ukraine wolle mit Europa, mit den USA und anderen Unterstützern reden, kündigte Selenskyj an, ohne Details zu nennen. «Auch in den kommenden Wochen werden wir außenpolitisch aktiv sein, und wir haben bereits mit der Planung von Aktivitäten für Januar begonnen», sagte er. «Wir werden unser Bestes tun, um sicherzustellen, dass die Ukraine stark ist und dass wir alle im nächsten Jahr zuversichtlich sein können.»
Er war am Donnerstag von einer längeren Auslandsreise durch Argentinien, die USA und Norwegen zurückgekehrt. In den USA blieb sein Werben um neue Hilfen zunächst erfolglos, weil US-Gelder für Kiew durch Streit zwischen Demokraten und Republikanern im Kongress blockiert sind. Als Erfolg gilt, dass die Staats- und Regierungschefs der EU Aufnahmegespräche mit der Ukraine beschlossen haben.
Militärhilfe aus Litauen
Litauen hat der Ukraine mehrere Millionen Patronen und mehrere Tausend Granaten für tragbare Panzerabwehrsysteme als weitere Militärhilfe für den Kampf gegen Russland übergeben. Das teilte das Verteidigungsministerium des baltischen EU- und Nato-Landes mit. «Wir hören die dringenden Bitten der Ukraine und setzen unsere Unterstützung entsprechend den geäußerten Bedürfnissen fort», sagte Verteidigungsminister Arvydas Anusauskas in Vilnius.
Deutschland hilft mit Geräten gegen die Winterkälte
Mit der Lieferung von Stromgeneratoren, Heizgeräten und weiterer Ausrüstung setzt die Bundesregierung ihre Unterstützung der Ukraine fort. Das Land erlebe den zweiten Winter in dem völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung von Bundesinnenministerium und Außenministeriums. Ziel sei es, den Städten und Gemeinden gerade in frontnahen Gebieten zu helfen.
Quellen: Mit Material der dpa.