Frankfurt/M. (dpa) – «Goofy» ist das «Jugendwort des Jahres» 2023. Bei einem Voting des Langenscheidt-Verlags setzte sich das Wort mit rund 39 Prozent der Stimmen unter den drei Top-Begriffen durch.
Das Siegerwort, das eine tollpatschige, alberne Person oder Verhaltensweise bezeichnet, die andere zum Lachen bringt, wurde erstmals live und im Rahmen der 75. c verkündet. Seit dem 7. Juni stimmten Jugendliche im Vorfeld in mehreren Runden über ihr Lieblingswort ab. Insgesamt lag die Beteiligung im hohen sechsstelligen Bereich – so hoch wie noch nie, wie der Verlag mitteilte. Gewertet wurden aber nur die Stimmen von Teilnehmern zwischen 10 und 20 Jahren.
Auf den Plätzen zwei und drei folgten «Side eye» und «NPC». Mit «Side eye» ist ein skeptischer Blick gegenüber einer Person oder Situation gemeint, «NPC» steht für «Non-player-character», also für jemanden, der nur passiv wahrnimmt, was um ihn herum passiert.
Bekannt auch in den älteren Generationen
Mit «Goofy» hat es ein Begriff auf den ersten Platz geschafft, den auch ältere Generationen noch kennen. Bekannt wurde der Begriff bereits 1939, als Comicfigur von Walt Disney. Als treuer Freund von Micky Maus fällt Goofy besonders durch seine Naivität und Tollpatschigkeit auf. Die «Tagesschau»-Sprecherin Susanne Daubner ist von dem Jugendwort begeistert. Mit dem Begriff «Goofy» könne sie auch in ihrem Alter etwas anfangen, sagte die 62-Jährige der Deutschen Presse-Agentur. Sie denke sofort an die Comicfigur. Daubner gilt als Kult-Ansagerin für das «Jugendwort des Jahres».
Seit 2008 wählt der Langenscheidt-Verlag das Jugendwort des Jahres. Seit 2020 können Jugendliche selbst das Jugendwort des Jahres beim Langenscheidt Verlag einreichen und wählen. Zuvor wurde es noch von einer Jury bestimmt. Bei den Einreichungen achtet ein Gremium lediglich darauf, dass bestimmte Kriterien eingehalten werden. So sind unter anderem Einreichungen mit rassistischem, sexistischem und homophobem Bezug nicht zulässig.
Viele Begriffe sind generationsübergreifend in den Wortschatz übergegangen. Ein gutes Beispiel dafür ist «Cringe» (das Fremdschämen), das Jugendwort 2021, das auch von Älteren genutzt wird. «Der Begriff „Cringe“ hat sich durchgesetzt, weil er eine lexikalische Lücke gefüllt hat», sagte Petra Schulz, Professorin für Deutsch als Zweitsprache an der Goethe-Universität Frankfurt.
Geheimsprache für die Identitätssuche
Doch was ist Jugendsprache eigentlich und wie entsteht sie? Für Schulz steht fest: «Es gibt nicht die eine Jugendsprache.» Auf der Suche nach ihrer Rolle in der Gesellschaft grenzen sich junge Menschen ab – auch sprachlich, sagte die Wissenschaftlerin. «Der Zweck ist, seine eigene Identität zu finden und die will man sich nicht wegnehmen lassen.»
Auch Felix Behm, Generation Z-Experte und Autor, sieht einen Zusammenhang zwischen Jugendsprache und Entwicklung: «In dieser Phase wollen sich junge Menschen von der Außenwelt abkapseln und ihre eigene Welt schaffen.» Zur sogenannten Generation Z werden meistens ungefähr die Geburtenjahrgänge zwischen 1995 und 2010 gezählt.
Jugendsprache helfe, sich von älteren Generationen abzugrenzen, sagte auch Helmut Weiß, Professor für Historische Linguistik an der Goethe-Universität Frankfurt. «Die Jugendsprache ist eine Art Gruppensprache und dient dazu, die Gruppe nach außen abzugrenzen und nach innen die Mitglieder kenntlich zu machen.»
Außerhalb dieser Gruppe fallen immer wieder Wörter auf, die neu erfunden oder in einem anderen Zusammenhang benutzt werden. Schulz zufolge können diese Wörter ein Eigenleben entwickeln und sich manchmal auch über Generationen und Orte hinweg durchsetzen. «Diese Wörter überleben in ihrer neuen Bedeutung aber nur dann, wenn es genug Menschen gibt, die das Wort auch häufig genug verwenden», sagte sie.
Jugendwörter seien nicht unbedingt neue Erfindungen, so Weiß. Während «safe» im Englischen «sicher» bedeutet, werde es in Deutschland unter Jugendlichen als «garantiert» oder «hundertprozentig» definiert. Hier handele es sich um die kreative Neuerfindung von bereits existierenden Wörtern.
Jugendsprache im «Change»
Wie das Vorjahres-Siegerwort «smash» stammt «Goofy» aus dem Englischen. Doch auch Wörter aus dem Türkischen oder Arabischen wie «Babo» sind aus der Jugendsprache nicht mehr wegzudenken. Soziale Medien haben nach Angaben Behms in den vergangenen Jahren dazu geführt, dass Jugendliche vermehrt interkulturelle Einflüsse zulassen. Dabei würden auch Ausdrucksweisen von digitalen Vorbildern wie etwa Influencern übernommen.
Immer häufiger sind auch negative Ausdrücke Teil der Jugendsprache. «Viele junge Menschen leiden unter den psychischen Spätfolgen von Corona», erläuterte Behm. Themen wie Krieg und Klimawandel führten ebenfalls dazu, dass Jugendliche sich in ihrer Sprache negativ ausdrücken – bewusst oder unbewusst. Dass Begriffe wie «bodenlos» oder «Geringverdiener» es in den vergangenen Jahren in die Liste der Top-10-Jugendwörter geschafft haben, sei ein Ausdruck von zunehmender Frustration.
Quellen: Mit Material der dpa.