Berlin (KNA)Ältere Menschen haben es in Deutschland immer schwerer, Kredite oder Versicherungen zu bekommen. Das geht aus einer am Dienstag in Berlin veröffentlichten Studie „Altersdiskriminierung bei der Kreditvergabe“ des Instituts für Finanzdienstleistungen (iff) hervor, die von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gefördert wurde.
Bei einer stichprobenartigen Bankenumfrage (100 befragte Banken und Versicherungen) bestätigen 55 Prozent, dass es Altersgrenzen bei der Vergabe von Konsumkrediten gebe, 71 Prozent bestätigen dies bei Immobilienkrediten.
Altersgrenze: 67 Jahre
41 Prozent der Befragten gaben überdies an, dass es Altersgrenzen für die Beantragung eines Konsumkredits gibt. Diese liegen im Durchschnitt bei 67 Jahren. Beim Immobilienkredit geben mit 57 Prozent der Befragten signifikant mehr an, dass es eine Altersgrenze bei der Beantragung gibt. Auch diese liegt im Durchschnitt bei 67 Jahren.
Die Studie zeige, dass das Alter bei der Kreditvergabepraxis eine benachteiligende Rolle spiele, schreiben die Autorinnen und Autoren nach Angaben der Antidiskriminierungsstelle. Eine weitere Ursache für Benachteiligungen aufgrund des Alters stellen der Studie zufolge beschleunigte Filialschließungen dar. So gaben 48 Prozent der teilnehmenden Banken an, dass zuletzt Filialen geschlossen worden seien, meist im ländlichen Raum.
Filialschließungen erschweren Zugang zu Beratung
Vor allem für ältere Kreditnehmer sei damit der Zugang zur Beratung erschwert, heißt es in der Studie. Auch aufgrund der zunehmenden Standardisierung und der wachsenden Vermittlung der Kredite durch Online-Portale würden Kreditanträge von älteren Personen oft ohne individuelle Prüfungen abgelehnt.
„Die Studie des Instituts ist ein Warnsignal, weil sie zeigt, dass ältere Menschen oft pauschal keine Kredite mehr bekommen“, sagte die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman. „Das kann dazu führen, dass viele ältere Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer, die zum Beispiel ihre Heizung erneuern müssen, ernsthafte Probleme bekommen werden.“
Ataman: pauschale Ablehnung wegen Alters falsch
Ataman betonte, Banken sollten auch in Zukunft selbst entscheiden können, unter welchen Bedingungen sie Kredite vergeben. „Aber pauschale Ablehnungen wegen des Alters – die sind falsch“, sagte sie.
Dabei betonen die Autoren der Studie, dass die Zurückhaltung der Banken bei der Kreditvergabe nach geltender Gesetzeslage keine Altersdiskriminierung sei – auch dann nicht, wenn sie pauschal und ohne individuelle Prüfung zustande komme. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) gewähre momentan keinen umfassenden Schutz vor altersbedingten Benachteiligungen bei den Verbraucherkrediten. Grund seien Ausnahmeregelungen im Gesetz, die einen Schutz vor Diskriminierung ausschließlich bei sogenannten „Massengeschäften“ gewähren. Ob Kreditverträge als Massengeschäfte gelten, ist unklar.
Ataman schlug deshalb behutsame Konkretisierungen im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vor. Verbraucherinnen und Verbraucher müssten die Möglichkeit bekommen, dass ihre Kreditwürdigkeit individuell überprüft werde. Außerdem sollten Banken und Versicherungen in Zukunft Ablehnungen von Krediten transparenter begründen müssen.