Rechtsextreme Einstellungen haben in der deutschen Bevölkerung laut einer aktuellen Studie seit 2021 stark zugenommen. Aktuell hat jeder zwölfte Erwachsene ein rechtsextremes Weltbild, wie eine heute veröffentlichte Untersuchung von Forschern der Universität Bielefeld feststellt. Mit 8,3 Prozent ist der Anteil gegenüber dem Niveau der Vorjahre von knapp 2 bis 3 Prozent erheblich gestiegen.
Dabei kann man der Studie zufolge von einer rechtsextremen Einstellung nicht automatisch darauf schließen, wo sich jemand selbst politisch verortet. «Unter jenen, die sich klar als «links» positionieren, gibt es dabei mehr Menschen, die ein gefestigtes rechtsextremes Weltbild teilen (12 Prozent) als es in der politischen Mitte der Fall ist (7 Prozent)», halten die Forscher um Andreas Zick fest.
Zugenommen habe auch der Anteil der Befragten, der sich rechts der Mitte verortet, heißt es in der Studie mit dem Titel «Die distanzierte Mitte». Während sich demnach aktuell 15,5 Prozent der Bevölkerung selbst rechts der Mitte sehen, waren es bei der zurückliegenden Befragung lediglich knapp zehn Prozent.
Überraschend ist das nicht, wenn man auf die Ergebnisse der Wählerumfragen der vergangenen Wochen schaut. Dort lag die rechtspopulistische AfD bundesweit bei etwa 22 Prozent. Grundsätzlich spiegeln Wahlumfragen nur ein Meinungsbild zum Zeitpunkt der Befragung wider und sind keine Prognosen auf den Wahlausgang. Sie sind zudem immer mit Unsicherheiten behaftet.
«Ideologie der Ungleichwertigkeit und Gewalt»
Für die «Mitte-Studie» der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung werden alle zwei Jahre mit einer repräsentativen Befragung vor allem rechtsextreme Einstellungen untersucht. Als zentrales Merkmal des Rechtsextremismus definieren die Autoren «eine Ideologie der Ungleichwertigkeit und Gewalt beziehungsweise die Billigung von Gewalt zur Durchsetzung der Ideologie». Im Vergleich zu den Vorjahren werde der Vorwurf der beschnittenen Meinungsfreiheit von deutlich mehr Befragten geteilt, heißt es in der Studie. «Gleiches gilt für die völkische Forderung, unterschiedliche Völker sollten sich nicht miteinander vermischen».
Die 2027 Teilnehmer einer Telefonumfrage durch das UADS Institut in Duisburg im Zeitraum vom 2. Januar bis 28. Februar dieses Jahres waren aufgefordert worden, sich zu bestimmten Aussagen zu positionieren, etwa ob sie eine Diktatur befürworten würden. Von der Gesamtstichprobe ausgehend liegt die Fehlergrenze nach Angaben der Autoren bei +/- 2,2 Prozent.
Der Aussage «Die regierenden Parteien betrügen das Volk» stimmten den Angaben zufolge 30 Prozent der Befragten zu – fast doppelt so viele wie zwei Jahre zuvor. Mehr als verdoppelt hat sich demnach der Anteil derjenigen, die politische Gewalt billigen. Laut Studie liegt er aktuell bei 13,2 Prozent. Vor zwei Jahren vertraten 5,3 Prozent der Befragten diese Auffassung.
Signifikante Unterschiede zwischen Westen und Osten
Die Autoren der Studie wollten diesmal außerdem wissen, welche Sorgen die Menschen in Deutschland im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine am meisten umtreiben. Sie fanden heraus, dass die Sorge um eine Ausweitung des Krieges mit 62 Prozent zwar relativ dominant ist, die Sorge hinsichtlich steigender Energiepreise jedoch mit 66 Prozent an erster Stelle steht. Grundsätzlich gilt dabe: Frauen bereiten die Auswirkungen des Krieges insgesamt mehr Sorgen als Männern.
Signifikante Unterschiede gibt es auch zwischen den Menschen, die im Westen und im Osten Deutschlands wohnen. So befürchten den Angaben zufolge rund 45 Prozent der Menschen im Westen, als Konsequenz aus diesem Krieg ihren eigenen Lebensstandard dauerhaft nicht halten zu können. Im Osten treibt diese Sorge etwa 61 Prozent der Menschen um. Eine Ausweitung des Krieges befürchten laut der Studie etwa 70 Prozent der Menschen im Osten und etwa 60 Prozent der Bevölkerung im Westen.
Abgefragt wurde darüber hinaus, ob sich Menschen einsam fühlen. Die Forscherinnen und Forscher stellten dabei fest, dass das Gefühl der Einsamkeit in Städten und ländlichen Gebieten ähnlich verbreitet ist. «In Ostdeutschland fühlten sich Menschen lange Zeit einsamer als im Westen, das hat sich mittlerweile nahezu angeglichen», heißt es in der Studie. Insgesamt gaben demnach 28 Prozent der Befragten an, es fehle ihnen öfter oder häufig an Gesellschaft. 15 Prozent der Bevölkerung fühlen sich laut den Ergebnissen der Studie von anderen isoliert. Damit liege die Einsamkeit nun wieder auf ähnlichem Niveau wie vor der Corona-Pandemie mit ihren Kontaktbeschränkungen.
Mit Material der dpa.