Bonn/Berlin (KNA)Betroffene von Legasthenie und Dyskalkulie werden oft unterschätzt: Das kritisieren der Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie (BVL) sowie die Deutsche Kinderhilfe am Donnerstag in Berlin. Betroffene Kinder und Jugendliche könnten ihre Potenziale schulisch nicht voll ausschöpfen.
Zum Tag der Legasthenie und Dyskalkulie (30. September) fordern die Verbände mehr Flexibilität und ein Umdenken im Bildungswesen. Betroffene junge Menschen würden auf ihre fehlenden Fertigkeiten reduziert, mahnte die Vorsitzende des Bundesverbandes, Tanja Scherle. Lehrpläne und Bewertungssysteme seien allein darauf ausgerichtet, bestimmte Bildungsziele zu erreichen. Es sei fraglich, ob dies dazu führe, junge Menschen auf berufliche Anforderungen vorzubereiten und ihre Stärken zu entwickeln.
Schulpraktika unterschätzt
Etliche Beispiele zeigten, wie Kinder gefördert und so gestärkt werden könnten, damit sie ohne Angst in Ausbildung oder Studium starteten, sagte der Ehrenvorsitzende der Kinderhilfe, Rainer Becker. Viele Kinder hätten jedoch keine Vorstellungen von Berufen, weil sie sich nicht ausprobieren dürften und die Lernangebote in Schulen sehr begrenzt seien. Der Wert von Schulpraktika werde oftmals nicht erkannt, obwohl viele Jugendliche mit einer Legasthenie oder Dyskalkulie erstmals aufblühten, wenn sie sähen, welche ihrer Begabungen gut in die Arbeitswelt passten.
Unter dem Motto „Ich kann“ soll der Aktionstag deutlich machen, dass man mit einer Legasthenie oder Dyskalkulie durchaus „einen guten Weg zu seinem Ziel finden“ könne, erklärte Scherle. Dazu bieten die Verbände Filme und Plakate an.
In Deutschland leben geschätzte drei Millionen Menschen mit Legasthenie. Die Ursachen von Legasthenie liegen in genetisch bedingten Einschränkungen im Sprachzentrum des Gehirns. Die lebenslange und kaum therapierbare Lese-Rechtschreibe-Störung führt vielfach zu großen Benachteiligungen in Schule, Ausbildung und Beruf. Viele Betroffene leiden deshalb unter psychischen Problemen, Depressionen, Ängsten oder sogar Suizidgedanken.