München (dpa) – 30 Tore? 35 Tore? Oder fällt gleich in Harry Kanes Premierensaison der 41-Tore-Rekord von Robert Lewandowski? Beim Eröffnungsspiel der 61. Bundesliga-Saison werden im Bremer Weserstadion jedenfalls alle Blicke und Kamera-Objektive wieder auf Bayern Münchens neuen Fußball-Supermann gerichtet sein. Und die Erwartungen an Kane bleiben grenzenlos.
Legt der erste 100-Millionen-Mann der Bundesliga am Freitag (20.30 Uhr/Sat.1/DAZN) bei seinem ersten Startelf-Einsatz im Duell mit Vorjahres-Torschützenkönig Niclas Füllkrug auf Anhieb mit der Torproduktion in früheren Lewandowski-Dimensionen los?
«Ich bin bereit – und natürlich möchte ich Tore schießen», äußerte Kane. Der 30-Jährige konnte sich nach seinem torlosen Halbstunden-Debüt beim erschreckenden Münchner 0:3 im Supercup gegen DFB-Pokalsieger RB Leipzig in dieser Woche auf dem Trainingsplatz intensiver an seine neuen Teamkollegen gewöhnen. Und Thomas Tuchel gab sich von Kanes positiver Energie geradezu entzückt. Der Trainer bezeichnete den Mittelstürmer bereits nach einer Woche der Zusammenarbeit als «unseren Fixpunkt».
«Harry wirkt auf so vielen Ebenen»
Kane ist quasi Chef ohne Kapitänsbinde, die vorerst weiterhin Joshua Kimmich trägt, da Thomas Müller zwar wieder fit ist, aber in Bremen auf der Ersatzbank beginnen wird. «Harry wirkt auf so vielen Ebenen. In der Kabine, auf dem Platz, mit seiner Persönlichkeit und wie er trainiert», schwärmte Tuchel: «Das macht seinen Marktwert aus, neben den Toren. Er erhöht unsere Chance, in Bremen zu gewinnen. Der Harry-Kane-Effekt wird nicht verpuffen.»
«Führung übernehmen» und «Tore schießen» – das sind die zentralen Aufgaben, die Kane in München erledigen möchte. Und Trophäen einheimsen. Bundesliga, DFB-Pokal, Champions League – am besten alles. «Ich möchte auf dem höchsten Niveau spielen. Und um Titel. Darum bin ich zum FC Bayern gekommen», sagte Englands Auswahlkapitän selbstbewusst.
Tuchels Bilanz nicht ansatzweise Bayern-like
Alle Augen auf Kane also? Ja und nein. Genau hingeschaut wird in München inzwischen auch beim Wirken und Handeln von Tuchel. Sechs Siege, fünf Niederlagen und zwei Remis nach 13 Pflichtspielen sind eine Trainer-Bilanz, die nicht ansatzweise als Bayern-like durchgeht.
Nach der Supercup-Pleite war der Coach stinksauer. Er rügte seine Spieler unmittelbar danach scharf. «Ich kann das fast nicht aushalten, zu verlieren», begründete Tuchel nun. Sein Team ist ihm bisweilen immer noch ein Rätsel. «Wir haben den einen Schlüssel noch nicht gefunden, um das Schloss zu knacken. Aber wir haben noch ein paar am Schlüsselbund», sagte der Trainer. Ein positiver Liga-Beginn wäre für den 49-Jährigen schon ein kleines Beruhigungsmittel. Ein fertiges Team-Puzzle hat Tuchel nämlich weiterhin nicht. Kane ist gerade erst da. In Abwehr, Mittelfeld und Offensive gibt es noch keine feste Formation.
Und im Tor wird auch in Bremen nicht Manuel Neuer stehen, sondern Sven Ulreich. Tuchel berichtete überraschend, dass sich der Zeitpunkt für Neuers Rückkehr ins Teamtraining «verkürzt» habe. Es geht jetzt um Wochen – und nicht Monate. Darum geht der 35-jährige Ulreich nun als Nummer eins in die Saison, auch wenn noch ein Torwart verpflichtet werden soll. «Ulle macht das im Moment sehr gut», lobte Tuchel den ewigen Neuer-Vertreter.
Statistik spricht deutlich gegen Werder
Werder mutet trotz des Heimvorteils im stimmungsvollen Weserstadion zum Start wie ein Leichtgewicht für die Bayern an. Im DFB-Pokal war gegen den Drittligisten Viktoria Köln gleich Endstation, nichts passte zusammen. Und nun folgt für Nationalstürmer Füllkrug und seine Teamkollegen die «schwerstmögliche Aufgabe», wie Trainer Ole Werner das Bayern-Spiel einstufte. Den Faktor Kane kann er vorab nicht einschätzen: «Man weiß noch nicht vollkommen, wie er sich im Gefüge der Bayern gibt.»
Die Statistik lässt freilich nichts Gutes aus Bremer Sicht erwarten: Die Münchner sind seit 31 Pflichtspielen gegen Werder ungeschlagen. Und seit der Einführung des offiziellen Eröffnungsspiels mit Beteiligung des deutschen Meisters hat der Titelverteidiger niemals verloren. 2016 gab es die Paarung Bayern gegen Bremen übrigens zum Auftakt schon mal: Endergebnis 6:0 – dreifacher Bayern-Torschütze war ein gewisser Robert Lewandowski.
Die voraussichtlichen Aufstellungen
Werder Bremen: Pavlenka – Pieper, Stark, Friedl – Weiser, Lynen, Jung – Bittencourt, Stage – Füllkrug, Ducksch
Bayern München: Ulreich – Pavard, de Ligt, Kim, Davies – Laimer, Kimmich – Sané, Musiala, Coman – Kane
Schiedsrichter: Felix Zwayer (Berlin)
Quellen: Mit Material der dpa.