Berlin (dpa) – Bundesfinanzminister Christian Lindner hat einen länger andauernden Sparkurs angekündigt. Der Bundeshaushalt 2024 sei nur der Beginn von Anstrengungen zur Konsolidierung, sagte der FDP-Politiker in Berlin.
Seine Botschaft: Der Staat müsse nach Mehrausgaben wegen Corona-Pandemie und Energiekrise wieder lernen, mit dem Geld der Bürgerinnen und Bürger auszukommen. Deutschland sei der «Goldstandard» der Staatsfinanzierung – und der solle auf keinen Fall gefährdet werden. Was das bedeutet:
Lindners Leitplanken
Das Bundeskabinett beschloss den Regierungsentwurf für den Bundeshaushalt 2024 sowie den Finanzplan bis 2027 – nach monatelangen Verhandlungen in der Koalition aus SPD, Grünen und FDP. Die Ressorts hatten ursprünglich Wünsche nach Milliarden-Mehrausgaben. Laut Entwurf sollen die Ausgaben des Bundes im kommenden Jahr auf 445,7 Milliarden Euro zurückgehen – mehr als 30 Milliarden weniger als in diesem Jahr.
Die Neuverschuldung soll 2024 bei 16,6 Milliarden Euro liegen. Damit soll die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse eingehalten werden, die nur in sehr begrenztem Umfang neue Schulden vorsieht. Die Investitionen liegen bei 54,2 Milliarden Euro – ein deutliches Plus gegenüber dem Vorkrisenniveau, wie Lindner betonte.
Die Nettokreditaufnahme soll laut Finanzplan bis 2027 auf dann 15 Milliarden Euro sinken, im Rahmen der Schuldenregel. «Unser Bekenntnis zur Schuldenbremse über den gesamten Finanzplanungszeitraum unterstreicht, dass wir weiter der Goldstandard der Staatsfinanzierung bleiben wollen», sagte Lindner. Das sei auch ein Signal an die internationalen Kapitalmärkte. Deutschland hat die höchste Kreditwürdigkeit.
Steuererhöhungen schloss Lindner erneut aus. Dies wäre ökonomisch unklug, sagte Lindner mit Blick auf eine im internationalen Vergleich hohe Steuerlast deutscher Firmen. Er wolle nicht den leichtesten Weg gehen, sagte der Finanzminister. Ausgaben müssten auf den Prüfstand.
Schwierige Haushaltszeiten
Alle Ressorts – außer Verteidigung – mussten für 2024 und 2025 bereits einen Einsparbetrag leisten, von zusammen 3,5 Milliarden Euro pro Jahr. Das ist aber ist erst der Beginn, wie Lindner deutlich machte. Die Zinsausgaben des Bundes sind deutlich gestiegen, eine in guten Zeiten aufgebaute milliardenschwere Rücklage fast weg.
«Anders als in der Vergangenheit lassen sich unterschiedliche politische Vorstellungen nicht durch den Einsatz von immer mehr Geld überdecken», sagte Lindner. Es gebe keine Spielräume mehr, die für «verteilungspolitische Ideen» genutzt werden könnten – es sei denn, sie seien verbunden mit einem Vorschlag, wie sie dauerhaft strukturell finanziert werden könnten.
Der Haushalt 2024 sei der erst der Beginn einer «Trendwende». In den Jahren 2025 bis 2027 bestehe ein haushaltspolitischer «Handlungsbedarf» von insgesamt 14,4 Milliarden Euro – diese Summe müsse von den Ressorts noch erbracht werden. Einem möglichen Zugriff auf den Wirtschaftsstabilisierungsfonds, aus dem die staatlichen Energiepreisbremsen gezahlt werden, erteilte Lindner eine Absage.
Offene Fragen
Offen ist zum Beispiel nach wie vor, wie die geplante Kindergrundsicherung finanziert werden soll. Von 2025 an sollen verschiedene Familienleistungen gebündelt und der Zugang und die Beantragung vereinfacht werden.
Anspruchsberechtigte Familien sollen besser erreicht und armutsgefährdete Kinder und Jugendliche besser unterstützt werden. Lindner hat im Finanzplan für 2025 zunächst zwei Milliarden Euro eingestellt, als «Platzhalter». Das ist vor allem aus Sicht der Grünen aber deutlich zu wenig, weil es auch Leistungsverbesserungen geben solle.
Lindner will nun den Gesetzentwurf von Familienministerin Lisa Paus (Grüne) abwarten. Er betonte, für strukturelle Mehrausgaben auf Dauer müsse es eine strukturelle Gegenfinanzierung geben. Und: die Kindergrundsicherung sei nicht das einzige wichtige Vorhaben der Koalition – gleichrangig daneben sieht der Finanzminister eine geplante «Investitionsprämie für klimafreundliche Technologie», die auf Firmen zielt, und Investitionen in die Bahn-Infrastruktur.
Bei der Bahn ist offen, ob und wie ein genannter Mehrbedarf von 45 Milliarden Euro bis 2027 finanziert werden soll, um einen Investitionsstau abzubauen und das Schienennetz zu sanieren – damit Züge pünktlicher werden.
Bei der geplanten umstrittenen Elterngeld-Kappung für Bezieher hoher Einkommen ist das letzte Wort möglicherweise noch nicht gesprochen. Lindner deutete an, dass die aktuell vorliegenden Pläne bei den anstehenden Beratungen im Bundestag noch abgeändert werden könnten. Es scheine beim Elterngeld noch einiges an neuem Beratungsbedarf entstanden zu sein, sagte er und verwies dabei auch auf die Kritik an den Plänen in der Öffentlichkeit.
Steigende CO2-Preise?
Eine Schlüsselrolle bei Vorhaben zur Transformation hin zur Klimaneutralität spielt der Klima- und Transformationsfonds (KTF) – ein Sondertopf außerhalb des eigentlichen Haushalts. Er speist sich unter anderem aus Einnahmen aus dem Brennstoffemissionshandel – für fossile Kraftstoffe im Verkehr und beim Heizen wird ein CO2-Preis fällig. Aus dem KTF sollen viele Vorhaben finanziert werden, wie die staatliche Förderung für den Heizungstausch.
Das digitale Medienhaus Table.Media meldete, der CO2-Preis solle zum 1. Januar 2024 stärker ansteigen als derzeit vorgesehen. Von momentan 30 Euro pro Tonne solle er nicht, wie aktuell vorgesehen, auf 35 Euro klettern, sondern auf 45 Euro. Das würde bedeuten: Tanken und Heizen würden teurer als bisher geplant.
Lindner sagte dazu, es gebe keine entsprechende Verabredung und keine Beschlusslage. In der Kabinettsvorlage aber ist von einer «Änderung der Zertifikatepreise» ab 2024 die Rede, die zu einem späteren Zeitpunkt beschlossen werde.