Berlin/München (dpa) – Die Deutsche Umwelthilfe fordert flächendeckend hohe Parkgebühren in allen Städten und Gemeinden. «Deutsche Städte lassen parkende Autos zu Billigpreisen oder gar umsonst den öffentlichen Raum blockieren», kritisierte die DUH am Montag in Berlin. Ein Parkschein müsse pro Stunde mindestens so viel kosten wie ein Bus- oder Bahnfahrschein – in den meisten Städten seien das etwa 3 Euro. «In zentralen Lagen sollten die Parkgebühren deutlich höher sein.»
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund widersprach: «Das so pauschal zu fordern, halten wir nicht für richtig», sagte DStGB-Verkehrsexperte Timm Fuchs. «In Großstädten mit sehr gutem Nahverkehrsangebot und guter Anbindung des Umlands seien andere Lösungen möglich als in vielen anderen der 11 000 Kommunen in Deutschland, wo es genug Parkraum gebe. Etwa 120 Mittelzentren in Deutschland seien ohne Anbindung an das Netz der Deutschen Bahn. Um einzukaufen, einen Arzt aufzusuchen oder als Pendler seien viele aufs Auto angewiesen. Auch der Einzelhandel in den Innenstädten sollte attraktiv bleiben. «Pauschal Parkgebühren zu verlangen und in Höhe eines Tagestickets für den Nahverkehr, ist nicht die richtige Lösung», sagte Fuchs.
In Stuttgart ist am teuersten
Die DUH hat die Parkgebühren in 104 Städten abgefragt, darunter alle Großstädte und die fünf größten Städte jedes Bundeslandes. In 73 Städten sei Parken in Parkzonen für 1 Euro oder weniger pro Stunde möglich. «Stuttgart verlangt zwar mit 4,60 Euro pro Stunde die höchsten Gebühren aller abgefragten Städte, das aber nur direkt in der Innenstadt.« Außerhalb der »City«-Zone sei das Parken »stadtweit mit 1,10 Euro pro Stunde spottbillig«. In jeder vierten Stadt sei kostenloses Parken in Parkzonen für kurze Zeit möglich, kritisierte der Verein. Nur Heidelberg und Osnabrück verlangten in ihren Parkzonen konsequent Parkgebühren von mindestens 3 Euro pro Stunde.
In Koblenz und Frankfurt an der Oder kann laut DUH ab 25 Cent pro Stunde geparkt werden. In Chemnitz, Cottbus, Duisburg, Magdeburg, Neubrandenburg und Stralsund werde «der öffentliche Raum in vielen Gebieten für nur 50 Cent pro Stunde verscherbelt.»
Der Handelsverband Deutschland HDE forderte positive Anreize, statt einzelne Verkehrsmittel unattraktiv zu machen. «Viele Innenstädte haben aktuell große Probleme und drohen zu veröden. Da kann es nicht der richtige Weg sein, Kundenverkehre schwieriger und kostspieliger zu machen», sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth. Keine Innenstadt könne ohne attraktiven und vitalen Einzelhandel überleben.
Das treibt auch die Stadt Radolfzell am Bodensee um, wo die DUH ihre Bundesgeschäftsstelle hat. Einzelhandel, Gastronomie und Dienstleister müssten wettbewerbsfähig bleiben, etwa mit Blick auf den Onlinehandel, sagte Bürgermeisterin Monika Laule. Auch viele Pendler seien aufs Auto angewiesen, teils wegen schlechter Nahverkehrsanbindung. Ein Busticket koste in Radolfzell 1 Euro, ein Parkticket in der Innenstadt 1,40 Euro pro Stunde, ein Monatsticket 30 Euro.
DUH-Verkehrsexperte Robin Kulpa sagte, von flächendeckend angemessenen Parkgebühren profitierten Handwerker, Paketboten und Rettungswagen. Sie stünden «tagein tagaus im Stau, weil die Zahl der Autos immer weiter steigt. Dieser Entwicklung muss endlich ein Riegel vorgeschoben werden.»
In Großstädten hätten Handwerker heute große Probleme, Standplätze für ihre Fahrzeuge zu finden, sagte Franz Xaver Peteranderl, Präsident des Bayerischen Handwerkstages und Vizepräsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks. Höhere Parkgebühren könnten vielleicht für mehr Parkraum für Handwerker im öffentlichen Raum sorgen – mit Handwerkerausweis müssten sie keine Parkgebühr zahlen. Zusätzliche Kosten für Handwerker aber würden nur die Preise für die Kunden erhöhen, warnte er.
Zurückhaltend äußerte sich der ADAC.«Die Höhe der Parkgebühren sollte sich primär nach dem vorherrschenden Parkdruck richten», teilte der Verein mit. «Gebührenanhebungen – sofern nötig – sollten maßvoll und sozialverträglich sein.»