Berlin (dpa) – Für Millionen von Hausbesitzern und Mietern könnte es beim geplanten Heizungsgesetz bald mehr Klarheit geben. Nach erbitterten Streitigkeiten innerhalb der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP scheint es nun zunehmend Bewegung auf der Suche nach Kompromissen zu geben.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte Bereitschaft für Änderungen gezeigt. Er wolle das Gesetz besser machen. Er hoffe, dass die Diskussion nun «eine konstruktive, lösungsorientierte» Richtung einschlage.
FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler sagte im ZDF-«Morgenmagazin», Habeck habe einen ersten guten Schritt gemacht: «Es freut mich, das wir jetzt wirklich Bewegung in der Sache sehen.» Das Gesetz müsse grundlegend überarbeitet werden. Die Menschen dürften nicht überfordert werden.
Ermöglichen statt Verweigern?
Wegen grundsätzlicher Bedenken hatte die FDP verhindert, dass der vom Kabinett bereits beschlossene Gesetzentwurf zum Heizungstausch zum ersten Mal im Bundestag behandelt wurde. Habeck hatte den Liberalen daraufhin «Wortbruch» vorgeworfen. Die nächste Sitzungswoche ist Mitte Juni. Dann könnte die Reform des Gebäudeenergiegesetzes zum ersten Mal beraten werden.
Bis Mitte Juni soll nun ausgelotet werden, an welchen Stellen Kompromisse möglich sind. Dabei geht es um das Heizungsgesetz selbst sowie um die Form der geplanten staatlichen Förderung. Am Dienstag war ein Gespräch stellvertretender Vorsitzender der Ampel-Fraktionen geplant, wie es in Koalitionskreisen hieß.
SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert sagte im «Morgenmagazin», die Rhetorik habe sich bei vielen deutlich verändert – und mit Blick auf die FDP:. «Von der Verweigerungskommunikation ist es zur Ermöglichungskommunikation übergegangen.» In der nächsten Sitzungswoche müsse es die erste Beratung des Gesetzentwurfs geben. Dafür müsse diese Woche der Knoten durchschlagen werden.
Die Spitzen der Koalition hatten Ende März vereinbart, das Gesetz noch vor der Sommerpause im Bundestag zu beschließen. Die Sommerpause beginnt nach dem 7. Juli, an diesem Tag kommt auch der Bundesrat zusammen.
Habeck spricht mit Fraktionsvertretern
Habeck lud nach Ministeriumsangaben die Berichterstatter der drei Ampel-Fraktionen für Dienstagabend ein, um die von den FDP-Berichterstattern gestellten 77 Fragen und gegebenenfalls weitere Nachfragen zu beantworten.
«Es war ein konstruktives, fachliches Gespräch, das hoffentlich hilft, Fragen zu klären», sagte eine Sprecherin Habecks im Anschluss. «Wir werden den Berichterstattern die Fragen noch zusätzlich schriftlich beantworten.» Zuvor hieß es, in den nächsten Tagen werde es weitere Gespräche geben, unter anderem im Kreis mit Verbänden. Ziel sei es, wie von Habeck angekündigt, das Gesetz besser zu machen.
Die Grünen forderten die FDP auf, den Weg für das parlamentarische Verfahren frei zu machen. Grünen-Fraktionsvize Andreas Audretsch sagte am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur: «Es kommt jetzt darauf an, dass alle pragmatisch an den besten Lösungen arbeiten.»
Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands, sagte, durch die andauernde Hängepartie beim Gebäudeenergiegesetz fehle es den Verbraucherinnen und Verbrauchern an Planungssicherheit. Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie, sagte, die Koalition müsse nun schnell Klarheit schaffen.
Mögliche Kompromisslinien
Habecks hatte gesagt, das Gesetz könne ein «Meilenstein» beim Klimaschutz werden. Mehr als ein Drittel des gesamten Energiebedarfs in Deutschland wird laut Ministerium zum Heizen von Gebäuden und zur Versorgung mit Warmwasser benötigt. Über 80 Prozent dieser Wärme werde noch mit fossiler Energie erzeugt. Bis 2045 soll Deutschland klimaneutral werden, so das Ziel der Regierung.
Laut Gesetzentwurf soll von Anfang 2024 an möglichst jede neueingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben werden. Der Umstieg soll sozial abgefedert werden, außerdem soll es Übergangsfristen und Härtefallregelungen geben. Details sind aber heftig umstritten.
Die FDP will mehr «Technologieoffenheit» und nicht nur vor allem auf die Wärmepumpe setzen. Köhler nannte als einen wichtigen Bestandteil das Heizen mit Holz oder Holzpellets. Außerdem sei es wichtig, das Gebäudeenergiegesetz mit dem geplanten Gesetz zur «kommunalen Wärmeplanung» zu verbinden. Die Menschen müssten wissen, was in ihrer Kommune passiere – ob es zum Beispiel ab 2035 noch die Möglichkeit gebe, Gasheizungen dann mit Wasserstoff zu betreiben.
Pop sagte, um Alternativen, zum Beispiel zu Wärmepumpen oder Pelletheizungen, beim Umstieg auf klimafreundliche Heizungen einplanen zu können und Kosten zu begrenzen, müsse der Ausbau der Fernwärme zügig vorangebracht werden.
Anpassungen könnte es auch beim Starttermin geben. Statt ab 1. Januar 2024 gleich für alle Gebäude zu gelten, könnte der Beginn zunächst nur für Neubauten greifen. Beim Altbaubestand könnte mehr Zeit eingeräumt werden.
Vor allem von Seiten der Grünen und der SPD gibt es zudem Forderungen, über die bisherigen Pläne hinaus beim Heizungstausch vor allem einkommensschwache Haushalte stärker zu unterstützen. Das könnte Milliarden kosten. Die Frage ist aber, woher das Geld kommen soll. Außerdem geht es darum, Mieter vor hohen Kosten zu schützen und wie Vermieter die Kosten für eine neue Heizung künftig auf die Mieter umlegen können.